Nach den Wahldebakeln vom Wochenende hat der Dreiklang aus CDU, SPD und Grünen getrennt und doch gemeinsam beschlossen, in der Krise standhaft zu bleiben. Wie diese Standhaftigkeit in die Praxis umgesetzt werden soll, wird allerdings noch diskutiert. Von einer schweigenden Minderheit in allen drei Parteien hört man inoffiziell, dass eine Bertolt-Brecht-Strategie immer mehr Anhänger gewinnt.
Brecht hat bekanntlich nach dem 17. Juni 1953 erkannt, dass das Volk der DDR das Vertrauen der Regierung verscherzt habe, weshalb er als einfachste Lösung empfahl, die Regierung solle das Volk auflösen und ein anderes wählen. Nach dem 13. März 2016 sei offenkundig, dass auch das Volk der Bundesrepublik das Vertrauen der Regierung verscherzt habe. Allerdings scheinen die Betroffenen noch nicht abschließend geklärt zu haben, wie eine eventuelle Auflösung des unbotmäßigen Volkes vonstatten gehen kann und wo und wie sich ein neues Volk beschaffen lässt.
In allen drei schwarzrotgrünen Gruppierungen wurden zwar Stimmen laut, einen alten Vorschlag der Bild-Zeitung aufzugreifen und Mallorca als neues, regierungstreues Deutschland zu wählen. Für eine solche Radikallösung scheint sich bisher jedoch keine Mehrheit gefunden zu haben. Als attraktiver, wenn auch weniger durchschlagend, gilt wohl eine maßvolle Teilauflösung des deutschen Wahlvolkes, gepaart mit dem Versuch, sich einige verbleibende Volksteile als Wähler zu erhalten.
So denke die CDU daran, sich ganz auf Sachsen-Anhalt zu konzentrieren. Zwar ist die neue Partei, deren Namen nicht genannt werden soll, in dem ostdeutschen Land unangenehm stark vertreten. Dafür sei aber die SPD dort dankenswerterweise praktisch ganz verschwunden, so dass die CDU als sozialdemokratische Alternative gute Zukunftschancen sehe.
Die Wähler von Baden-Württemberg hingegen hätten sich bei der CDU auf übelste Weise disqualifiziert, indem sie sich für einen Grünen im schwarzen Gewand entschieden haben. Wie es heißt, überlege man, rechtliche Schritte gegen Winfried Kretschmann wegen Verstoßes gegen das politische Patentrecht einzuleiten. Dagegen spreche allerdings, dass dann die SPD und die Grünen ähnliche Schritte gegen die CDU unternehmen könnten.
Bei der SPD soll es Überlegungen geben, alle Kräfte zu bündeln und nur noch an Rhein und Mosel um Pfälzer Winzer und Kohl-Verweigerer zu werben. Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt hätten sich endgültig als unwürdig erwiesen, von der SPD beachtet zu werden. Ähnliches gelte für die ärmeren Bevölkerungsschichten im gesamten Bundesgebiet, auf die einfach kein Verlass mehr sei. Sobald man der Gruppe der Wenigerverdiener mal etwas abverlange, würden sie der SPD undankbar den Rücken kehren und sich einer neuen Partei, deren Namen nicht genannt werden soll, zuwenden.
Ergänzend zur Rheinland-Pfalz-Strategie gibt es wohl auch Überlegungen, sich bevorzugt der gebildeten Schicht zuzuwenden. So könne man versuchen, die Leserschaft der Süddeutschen Zeitung auch formal an die SPD binden. Dabei wäre es allerdings wünschenswert, das Medienhaus von München nach Mainz umzusiedeln. Schließlich stünden die Sozialdemokraten den Bayern schon längst nicht mehr zur Verfügung.
Die Grünen zögern offenbar noch mit einer Politik der weitgehenden Volksabwahl. Zwar hätten die Menschen in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz eine zutiefst unmoralische Ökologievergessenheit an den Tag gelegt und die einzig Wahren und Grünen fast ignoriert. Aber gerade die Diaspora sei das Feld, auf dem der Missionar besonders segensreich und nachhaltig ackern könne.
Problematischer sei der Wahlausgang in Baden-Württemberg. Dort habe ein im Grunde populistischer Scheingrüner das deutlich glaubensfestere Führungspersonal der Bundesgrünen durch seinen übermächtigen Schattenwurf in eine missliche Lage gebracht. Man könne erst wieder aus dem Schatten des schwäbischen Populisten heraustreten, wenn man diesem das Wahlvolk entziehe und ihn so wieder in die kleinere, aber feinere grüne Familie einbinde.
SPD und Grüne beschäftigen sich, wie es heißt, auch mit der Frage, ob sie nicht einige Großstädte aus dem deutschen Wählerverbund herauslösen und sie zu parteiunmittelbaren Reichsstädten machen sollten. Das unbelehrbare Land- und Kleinstadtvolk könne man dann getrost seinem Schicksal überlassen.
Noch aber scheinen solche Überlegungen zur Auflösung des unbotmäßigen Wahlvolkes nur vorläufiger Natur zu sein. Zunächst einmal wolle man abwarten, wie sich die Partei, deren Namen nicht genannt werden soll, weiter entwickelt. In der schwarzrotgrünen Community hofft man wohl darauf, dass sich die neue Partei doch noch zur Selbstentleibung entschließt. Es gebe dort genügend schillernde Persönlichkeiten, die sich auf parteipolitische Suizide verstünden. Käme es dazu, könnte man von weiteren drastischen Schritten absehen, denn Schwarzrotgrün wäre dann wieder alternativlos.
Sollten die Neuen allerdings von einem vorzeitigen sozialverträglichen Ableben absehen und sich weiter im Wahlvolk breitmachen, sei zur Bestrafung eine Abwahl des Volkes unausweichlich, um nicht zu sagen alternativlos.
Im Übrigen sei ein solcher Schritt nicht so problematisch wie es auf den ersten Blick erscheine. Wie bequem man ohne Belästigung durch ein Wahlvolk regieren könne, werde täglich in der EU-Hauptstadt Brüssel demonstriert.