Gastautor / 02.03.2016 / 11:00 / 7 / Seite ausdrucken

Ablehnung von Zwangs-Halal wird zur “Schweinefleischpflicht” umgedeutet

Von Thomas Baader

Überschrift des Tagesspiegel: "CDU will Schweinefleischpflicht - und erntet Spott". Doch Spott erntet im Kommentarbereich eher der Tagesspiegel selbst. In seinem Beitrag schreibt das Blatt:  "'Die Landesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass insbesondere Schweinefleisch auch weiterhin im Nahrungsmittelangebot sowohl öffentlicher Kantinen als auch in Kitas und Schulen erhalten bleibt', heißt es in einem Antrag der CDU-Fraktion im Kieler Landtag zur nächsten Plenarsitzung." Und weiter: "Man stelle sich nur die CDU-Reaktionen vor, würden deutsche Kinder in Frankreich zum Froschschenkel- oder in China zum Hunde-Essen gezwungen werden, sagte [Volker] Beck weiter."

Volker Beck will hier die Öffentlichkeit wohl für dumm verkaufen, denn die Erhaltung von Schweinefleisch auf den Speiseplänen von Kantinen würde keineswegs bedeuten, dass jemand dazu gezwungen wird, Schweinefleisch zu essen. Auch FDP-Chef Christian Lindner hat etwas nicht verstanden, wenn er die "Schweinefleischpflicht" mit dem "Veggie-Day" der Grünen vergleicht: Letzteres reduziert das Angebot, ersteres versucht eine Reduzierung zu verhindern und Vielfalt zu erhalten. "Erst Veggieday, jetzte Schweinefleischpflicht. Verrückte Idee: wie wäre es, wenn einfach jeder selbst entscheidet was er isst?", fragt Lindner zudem spöttisch - und übersieht dabei die naheliegende Tatsache, dass man sich eben leider nur für das Essen entscheiden kann, das auch wirklich angeboten wird.

Multikulturelle Vielfalt kann also laut Beck & Co. nur dadurch gesichert werden, indem wir von nun an alle kein Schwein mehr essen? Nicht nur Biodeutsche, sondern auch so mancher Pole, Vietnamese oder säkulare Türke wundert sich da vielleicht, warum er sich de facto den Speisevorschriften einer Religion unterwerfen soll, die nicht seine eigene ist.

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Bernhard Diel / 03.03.2016

Da Liberalismus (auch) bedeutet, dass die Nachfrage das Angebot regelt und nicht umgekehrt, verstehe ich die Kritik an Herrn Lindner nicht ganz. Wenn jeder das Essen nachfragt, was er gerne haben möchte, wird ihm dieses Essen auch geboten; also, jeder soll essen, was er gerne essen möchte.  Man geht dann entweder woanders essen oder macht in der Küche Druck, das anzubieten, was man möchte! Wenn es in Kantinen keine Nachfrage nach Schwein gäbe, wieso sollten diese dann Schwein anbieten? Reglementierung in beide Richtungen ist nicht erstrebenswert.

Klaus Bosch / 02.03.2016

Sehr geehrter Herr Baader, heute bin ich erstmals und zufällig auf dieser Seite gelandet. Ja, und was für interessante Artikel hier zu finden sind. Nein,  besser gesagt, wie erleichternd und beglückend zu lesen, wenn Vernunft und Wahrheit scheinen. Und das gilt auch für Ihre Stellungnahme und musste gesagt und geschrieben werden. Ich bin nicht mal ein großer Freund von Schweinefleisch, nein, falsch, denn manchmal schon und hab dann Lust rein zu beißen, besonders in saftigen Schinken!! Wunderbar ist das eigentlich!  Und hier in Europa, wo es diese lange Tradition gibt an Schweinsbraten, Schweinswürsten, Schinken und co, wo dieser Allesfresser und Verwerter aus Abfall bestes Fleisch und damit vielen nicht nur Leben, sondern auch Überleben geschenkt hat, da will man das aus falscher Rücksicht aus dem Angebot nehmen. Geärgert habe ich mich über all die Meldungen zu diesem Thema heute im Radio, diese “Volker-Beck-Besserwisser-Kommentare”, lange und mehrmals täglich ausgebreitet unter seltsamen Betonungen der Nachrichtensprecher, dass es in den Ohren klingelt, als sei das Missverstehen der ursprünglichen Intention die reine VERNUNFT “schlechthin”. Man kann gar nicht zuhören. Da ist Ihr Kommentar eine Wohltat, da er Selbstverständliches zurecht rückt. Wenn etwas an Schweinefleisch Kritik verdient, dann nur dessen Massenproduktion. Und darf man das eigentlich, nämlich das Hinterfragen des Schweinefleischverbots im Islam. Man könnte hier noch argumentieren, dass in warmen Ländern in früheren Zeiten Schweinefleischverzehr vielleicht öfters zu Ansteckungen führte. Das aber als Gottesgebot zu proklamieren, das ist wohl ein kleingeistiges Gottesverständnis. Achja, das ist ja direkt Gottes unabänderliches Wort und Wahrheit nach dem Koran. Da hat sich Gott direkt in die Tischsitten eingemischt. Ein Wunder dass er Rülpsen und Schmatzen nicht auch verboten hat. Im alten Testament kommt über Moses das Gebot zu uns, dass man sich gar kein Bild von Gott machen soll, denn er ist weder eine Person noch eine Sache und entzieht sich dem Verständnis sowieso. Das ist auch ein großes Versprechen von Freiheit, das in diesem Gebot steckt, zumindest interpretiere ich das so. Ein großes Feld also eigentlich, nur nicht für all die Pseudo-Aufklärer die sich so entrüsten in den Medien und moralisieren. Da denk ich jetzt mal lieber wieder an Schweinefleisch, weil sonst müsst ich ko**en. Bitte entschuldigen Sie.

Hermes Conrad / 02.03.2016

Herr Lindner zeigt mit seinem Kommentar leider, dass er nicht begreift, was Liberalismus ist. Damit ist die FDP wieder einmal unwählbar geworden und Deutschland wieder ohne liberale Partei. Eine Analogie wäre z.B. in der Weigerung einer Standesbeamtin in den USA vor ein paar Monaten zu sehen, eine gleichgeschlechtliche Ehe zu schließen. Dies wäre analog zur Auslistung bestimmter Nahrungsmittel in öffentlichen Kantinen und somit nach dem Verständnis der FDP ebenfalls Entscheidungsfreiheit. Es geht nämlich jeweils um die Freiheit, durch seine eigene Entscheidung andere zu gängeln und ihnen Optionen zu nehmen. Und das ist ganz und gar nicht liberal.

Ralf Pöhling / 02.03.2016

Der Vergleich von Lindner mit dem Veggie Day ist aus etwas anderer Perspektive gar nicht mal so falsch. Die Grünen sind ein Sammelbecken für Weltverbesserer mit Sendungsbewusstsein. Da muslimische Zuwanderer kein Schweinefleisch essen, könnten sie sich vom Schweinefleischkonsum anderer auf den Schlips getreten fühlen. Ähnliches beobachtet man ja auch beim harten Kern der Veganer, die jeden Fleischesser als Konsumenten von “Leichenteilen” ansehen. Und da Moral und Wahrhaftigkeit die Alleinstellungsmerkmale von Links-Grün sind, bleibt die Toleranz gegenüber dem unwissenden Pöbel eben auf der Strecke.

Walter Ernestus / 02.03.2016

Sie haben vollkommen recht mit Ihrem Kommentar. Aber trotzdem möchte ich was anmerken. Ich glaube nicht das Lindner die Tatsache dass man sich eben leider nur für das Essen entscheiden kann, das auch wirklich angeboten wird übersehen hat. Nein das ist sicherlich nicht der Fall. Leider ist unser Journalismus nicht mehr fähig Inhalte zu bewerten und dumme Anmache von intelligenter Kritik zu unterschreiben. Vielleicht sind das die Nachwehen unseres Schulsystems. Man haut einfach in die gleiche Kerbe. Politiker haben immer noch nicht verstanden, dass die Politikverdrossenheit genau daraus erwächst, weil die Opposition - hier Beck und Lindner (ein Hinterbänkler wie er im Buche steht und ein Abgewählter der nie verstanden hat warum)  ständig etwas mit den blöd sinnigsten Kommentaren versehen müssen, nur um in die Presse (=Öffentlichkeit) gelangen zu können Und die Presse meint diesen Blödsinn auch noch als TOPMELDUNG verkaufen zu können.

Robert Rubekula / 02.03.2016

Das Problem ist durchaus real, soviel ist sicher. Inzwischen wird man als Normalesser nicht nur von Vegetariern, Veganern und Bioaposteln gegängelt und hat Rücksicht auf Laktose-, Gluten und sonstige Unverträglichkeiten zu nehmen, sondern jetzt kommen auch noch Schweinefleisch-Vorschriften. In der Tat wird insbesondere bei Kindern vielerorts schon kein Schweinefleisch mehr angeboten. Das liegt wohl daran, dass in den jüngeren Jahrgängen der Muslimanteil besonders groß ist und sich Kinder eh kaum organisiert dagegen wehren können. Sich nun zu nationalen Speisevorschriften für Kantinen etc. zu bekennen (wie es die CDU suggeriert), wäre aber ein großer Fehler. Was dann dabei raus kommt, werden wir noch früh genug sehen. Es bräuchte mehr mutige Leiter von Kindertagesstätten, mehr engagierte Eltern, mehr Courage um der Entwicklung beherzt entgegenzutreten. Was ich mich frage: Warum wird eigentlich grundsätzlich davon ausgegangen, dass alle Menschen aus dem muslimischen Kulturkreis muslimische Speisevorschriften beachten? Ich kenne viele Juden, Christen etc. aber praktisch niemand von denen beachtet solche Vorschriften, die den Alltag betreffen. Welches Bild vermitteln wir Kindern in unseren Krippen, Kitas und Schulen, wenn wir sie automatisch durch die kulturelle Schablone pressen und Ihnen unreflektiert religiöse Vorschriften angedeihen lassen? Welches Verhältnis von Individuum und Kollektiv wird dadurch von klein auf geprägt? Welche Möglichkeiten bieten wir damit, Selbstständigkeit und Individualität vor Clan- und Gruppendenken zu stellen? Und was wird das für die Integration in unsere Gesellschaft bedeuten?

Jürgen Pieper / 02.03.2016

Mit der Beckschen Logik müsste der Tagesspiegel morgen schreiben: Beck für Verbot von Schweinfleisch in deutschen Kantinen!

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