Peter Grimm / 09.10.2023 / 10:00 / Foto: Montage/Achgut.com / 46 / Seite ausdrucken

Ampel-Abstieg und Wachstum hinter der Brandmauer

Eigentlich kam bei den Wahlen in Bayern und Hessen alles wie erwartet: Die Regierungskoalitionen bleiben, die Ampel-Parteien werden abgestraft, die FDP muss ein Parlament verlassen und bleibt im anderen nur mit knapper Not. Aber Wachstum gab es hinter der Brandmauer.

Angesichts der Erwartungen an die Landtagswahlen in Bayern und Hessen konnten die Ergebnisse keinen Beobachter mehr überraschen. Mancher war vielleicht enttäuscht, weil die Signale der Regierten an die Regierenden doch nicht so deutlich ausgefallen sind wie erwartet. Da Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit 37 Prozent der Stimmen nur ganz leicht hinter sein Ergebnis von 2018, seinerzeit das schlechteste CSU-Resultat jemals, zurückgefallen ist, werden wohl ambitionierte Parteifreunde demnächst noch nicht an seinem Stuhl sägen.

Und die FDP, die in Bayern mit drei Prozent aus dem Parlament flog, hat es in Hessen ganz knapp geschafft, wieder in den Landtag einzuziehen. Das bewahrt die Berliner Ampelmännchen der Partei auch davor, Konsequenzen ziehen zu müssen. Und – das war nicht anders zu erwarten – Hessens SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser will selbstverständlich nicht aus ihrem Berliner Amt scheiden, nur weil sie von den Wählern mit einem rekordschlechten Ergebnis bedacht wurde.

Die Regierungskoalitionen dürften auch bleiben. In Bayern sind die Freien Wähler erwartungsgemäß gewachsen und mit 15,8 Prozent die zweitstärkste Partei geworden. Rein rechnerisch könnte Söder auch mit jeder anderen im Landtag vertretenen Fraktion eine Regierung bilden, aber das wäre aus seiner Perspektive Unsinn. Den Ballast einer unpopulären Ampel-Partei will er sich sicher nicht ans Bein binden und bei der AfD gibt es ja die Brandmauer, die den Gedanken an eine solche Konstellation verbietet.

Die AfD ist in Bayern auch auf 14,6 Prozent gewachsen, was angesichts der Konkurrenz durch die Freien Wähler durchaus beachtlich ist. Die Wahl-Berichterstatter und Kommentatoren von ARD und ZDF fassten gern mal zusammen, dass in Bayern 30 Prozent der Wähler „rechts von der CSU“ gewählt hätten. Richtig daran ist wohl, dass 30 Prozent der bayerischen Wähler damit ausgedrückt haben, dass sie insbesondere bundespolitisch eine klare Kurskorrektur wünschen. Aber was wollen uns die Kollegen damit sagen, wenn sie die in Bayern mitregierenden Freien Wähler und die hinter die Brandmauer verbannte AfD jetzt in einen Topf werfen? Dass die Brandmauer auch in ihren Köpfen brüchig wird?

Ruf nach der Notbremse?

Die Wähler jedenfalls sorgten auch in Hessen für ein deutliches Wachstum hinter der Brandmauer. Mit 18,4 Prozent ist die AfD dort zweitstärkste Partei geworden. Vor ihr liegt nur der Wahlsieger dieser Wahl, CDU-Ministerpräsident Boris Rhein. Seine Partei konnte einen Zugewinn von 7,6 Prozent verbuchen und kam auf 34,6 Prozent der Wählerstimmen. Rein rechnerisch gäbe es zwar eine satte Mitte-Rechts-Mehrheit im hessischen Landtag, aber das spielt keine Rolle, denn mit der AfD will die CDU möglichst nicht einmal bei unverfänglichen Sachthemen gemeinsam abstimmen. Was die nächste Landesregierung angeht, so ist eine Fortsetzung der Koalition mit den Grünen wohl wahrscheinlich: der Wahlgewinner mit einem Wahlverlierer.

Die AfD-Ergebnisse in Bayern und Hessen zeigen, dass der Partei der konsequente Brandmauerkurs der Anderen eher nutzt als schadet. Sie wird stärker und stärker, in Ost wie West. Offenbar verlieren immer mehr Menschen die Scheu, die politisch Unberührbaren zu wählen, um ihren Regierenden auf diese Weise mitzuteilen, dass sie beispielsweise bei der Migration in die Sozialsysteme oder bei der sogenannten Energiewende bitte schnell die Notbremse ziehen sollten.

Wer der AfD keinen Stimmenzuwachs gönnt, muss genau diese Probleme angehen, über die offen zu sprechen derzeit schon als heikel gilt. Handeln die Regierenden hier nicht, wird die AfD durch das politische Versagen der anderen absehbar immer stärker und stärker. Wenn sie dann, wie es sich in den Ost-Ländern abzeichnet, stärkste Partei ist, was dann?

Solche Fragen stellte niemand an diesem Wahlabend. Die Wahlberichterstatter und Kommentatoren im Staatsvertragsfunk lieferten das gewohnte Programm und der geneigte Zuschauer konnte sich allenfalls am realsatirischen Unterhaltungswert einiger Szenen erfreuen.

Die SPD, die ja in Bayern (8,4 Prozent) und in Hessen (15,1 Prozent) von den Wählern mit den jeweils historisch schlechtesten Wahlergebnissen bestraft wurde, gab beispielsweise ein unterhaltsames Bild ab. Einerseits gaben sich die Genossen zerknirscht, aber andererseits vermochten sie nicht zu erkennen, etwas falsch gemacht zu haben. Wie Wahlverlierer so sind, waren zum einen die schweren Zeiten und Umstände schuld am Debakel, und dann wäre es leider wieder einmal nicht gelungen, den Menschen die Weisheit der eigenen Politik zu vermitteln.

Bei all den Ergebnissen, die in den Medien an Wahlabenden ständig wiedergegeben werden (die vorläufigen amtlichen Endergebnisse finden Sie hier und hier) wird ein Resultat heutzutage nur noch unzureichend gewürdigt: die Wahlbeteiligung. Hier gibt es zwischen Bayern und Hessen Unterschiede. In Bayern ist sie von 72,3 Prozent auf 73,3 Prozent leicht gestiegen. In Hessen hingegen ist sie von 67,3 Prozent auf 66 Prozent gesunken. Ein Drittel der hessischen Wahlberechtigten hat nicht gewählt. Das ist auch eine Aussage.

Foto: Montage/Achgut.com

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Karl Dreher / 09.10.2023

“und dann wäre es leider wieder einmal nicht gelungen, den Menschen die Weisheit der eigenen Politik zu vermitteln”. GENAU SO funktioniert das linksrotgrüngemerkelte/gemerzte Selbstverständnis dieser “führenden” (nicht verwechseln mit: “qualifizierten”) abgehobenen realitätsfernen Politiker. Nicht ihr Politikversagen vermögen sie selbstkritisch als tatsächlich unrealistisch und illusorisch einzustufen. Nein, sie vermochten eben nur nicht, ihre “göttlichen Eingebungen” dem Wahlbürger zu vermitteln. Man könnte das auch so deuten: Der Wahlbürger ist nach ihrem Dafürhalten eben einfach zu dumm. Nur: Ist er nicht!

Fritz kolb / 09.10.2023

Die Zeit der rotgrünen Ideologien, nicht wenige nennen sie auch Kommunisten, scheint zu unserem großen Glück abzulaufen. Doch die ehemals starke konservative Regierungsfraktion CDU/CSU hat das noch nicht begriffen. In Bayern wäre eine csu-fw-afd Koalition mit nahezu 70% dominierend, in Hessen eine cdu-afd-gelbe Koalition mit nahezu 60% ebenfalls beherrschend. Das haben die Wähler so entschieden, und komme mir keiner mit der Medienerfindung, die AfD sei wahlweise Nazi und rechtsradikal. Den konkreten Beweis dafür bleiben alle schuldig, und das Thüringer Verfassungsgericht, dem ein tiefroter Präsident vorsteht, wird sich damit noch juristisch auseinandersetzen müssen. Und voraussichtlich verlieren. In meinem Bekanntenkreis gibt es viele Nachplapperer, die dieses Narrativ im Munde führen und die auf die Frage nach einem Beispiel keines benennen können. Es wird Zeit, daß in den schwarzen Spitzen Kompetenz und freies Denken einzieht. Nach dem Ampel-Desaster ist jetzt die Stunde der Konservativen.

Günter H. Probst / 09.10.2023

Die Wahlergebnisse werden gar nichts ändern. Die Teuerung wird munter weitergehen, bis die Geldschwemme der EZB abgebaut ist. Da die Staatsverschuldung im €-Raum weiter geht, was die Geldentwertung aufrecht erhält, wird es lange dauern. Die Masseneinwanderung,  gefördert von GRÜNEN und SPD , wird ebenfalls munter weiter gehen. Denn die geringen Stimmenverluste für diese Parteien reichen für einen Kurswechsel nicht aus. Und die CDU, die diese Entwicklung unter M angestoßen hat, zeigt keinerlei Problembewußtsein, geschweige denn Lösungskompetenz So werden auch die Mieten überall weiter steigen, die Containerslums aus dem Boden schießen, und die Überlastungsfolgen , wie die Folgekosten, im Bildungs- und Gesundheitssystem, noch bemerkbarer werden. Der von den GRÜNEN übernommene Stromplan, alles auf Strom umstellen, vorher die Kraftwerke stilllegen, und dadurch die Strommenge verringern und den Strompreis steigern, wird von allen Parteien der Nationalen Front vehement weiter betrieben. Erst wenn der Deindustrialisierungs- und Verarmungsprozeß den meisten Wählern bewußt wird, kommt es vielleicht auch bei Wahlen zu Änderungen.

Franklin Meissner / 09.10.2023

FDP : 5 %. Ha, Ha, Ha. Ich hatte am Sonntag Gespräche mit einigen Leuten. Da ging es genau darum: Wetten, daß die FDP mit 5 %...usw. Herrlich. Warum werden eigentlich nicht die Brief"wahl"stimmen nicht schon am Vormittag ausgezählt und bekannt gegeben?! Es wird sich nichts daran ändern, wenn nicht die Batterien der Fernbedienung seit “Zum blauen Bock”-Zeiten mal ausgetauscht werden. Oder Dutt-tragendes Pflegepersonal in den Altersheimen der Ankreuzstift aus der Hand genommen wird. ARD und ZDF haben die Wahl gewonnen.

Karl-Heinz Böhnke / 09.10.2023

Wie würden die Wähler wohl auf die Frage antworten, was sie von den von ihnen wiederum gewählten Parteien eigentlich noch erwarten. Die CDU hat nach dem Mauerfall keine Verbesserung sondern nur Schaden verursacht, von der viel zu kostspieligen Vereinigung über den Verlust der DM mit der folgenden Ausbeutung durch fremde Länder und die ruinöse Masseneinwanderung bis zur krankmachenden Impfung. Wissen die Menschen überhaupt, wozu es Wahlen gibt? Oder machen sie ihr Kreuz nur noch aus lauter Gewohnheit und als Ritual zum Erhalt der Vorstellung, das alles so schön sei, wie es mal war.

Andreas Reuter / 09.10.2023

Also ich finde so eine Brandmauer gar nicht so schlecht. So hat jeder Klarheit beim Wählen, und ist durch die schicke Brandmauer vor nervtötenden Brandmaurern geschützt. Und wenn sich die Verhältnisse nach den noch kommenden Erfahrungen dann umgedreht haben, wird so eine Brandmauer auch aus der entgegengesetzten Perspektive noch viel mehr an Bedeutung gewinnen. “Nie wieder”, kein Fußbreit den..” so heissen die Türen, durch die extreme Rechte später hocherhobenen Hauptes marschieren werden, wenn es hier nichts mehr zu verteilen gibt.

Judith Panther / 09.10.2023

t-online bringt heute auf nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100255924/hessen-wahl-von-dieser-partei-wanderten-die-meisten-waehler-zur-afd ein buntes Balkendiagramm, welches einem mit einem Click zeigt, wie viele Wähler welcher Parteien gestern in Bayern und Hessen jeweils zu anderen Parteien abgewandert sind. Demnach bekam die CDU in Hessen von allen ehrbaren, rechtschaffenen Parteien insgesamt 229 000 neue, aufrechte, lupenreine Demokraten mit Haltung und Anstand geschenkt, während die gewissenlosen Rattenfänger von der AfD mit ihren „erschreckend infamen und hinterfotzigen“ (Joachim Herrmann, lupenreiner CSU´ler) Methoden, ihren perfiden Tricks und Täuschungen, 79 000 ehemaligen Demokraten ihre Wählerstimmen abluchsen konnten.  79 000 neue AfD-Wähler, denen erst die lupenreine Ampelpolitik so richtig bewußt gemacht hat, was für fiese kleine Nazis sie doch in Wirklichkeit sind. Danke, Ampel!  ++++++++ Doch was, wenn die AfD”... wie es sich in den Ost-Ländern abzeichnet, stärkste Partei ist, was dann?” Nicht auszudenken!!  Drum rettet die Ampel! Mach Merz Rückgrat again! Holt Merkel zurück, sprecht Lauterbach heilig und verleiht Böhmermann das Bumsverdienstkreuz. Noch ist nicht alles kaputt! DA GEHT NOCH WAS!

Arthur Sonnenschein / 09.10.2023

Es zeichnet sich die Rettung des linken Lagers ab. Die CSU verliert ihre Stammwähler durch Wegsterben, und die Entwicklung seit der letzten Landtagswahl 2018 macht ein Ausscheiden der CSU aus dem Bundestag wahrscheinlich. Da die relativ stärksten Unions-Figuren in Kiel und Ddorf sitzen, ist die Option blau/schwarz versperrt, und die Restunion wird nur noch in der Lage sein, auf Bundesebene linke Politkonzepte zu unterstützen. Das gibt der Linken noch fünf bis zehn Jahre, ihre Pfründe durch Vertiefung des europäischen Rätestaates und die Volkskammerisierung des Bundesparlamentes zu sichern.

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