Die Kampfration der Bundeswehr wurde unbenannt von „Einmannpackung“ zu „Einpersonenpackung“ – für zeitgemäße sprachliche Gleichstellung. Doch was befindet sich darin?
Auch die einst so friedliebende „Süddeutsche Zeitung“ schreibt jetzt ganz unbefangen darüber, wie „Deutschland mit seiner Lage mitten in Europa im Bündnisfall eine zentrale Rolle als Drehscheibe“ zukomme. Zwar drohe noch nicht unmittelbar ein russischer Angriff auf Westeuropa, doch in „fünf bis acht Jahren“ könne es so weit sein.
Und weil in der bevorstehenden, finalen Auseinandersetzung um Sein oder Nichtsein westlicher Werte nicht nur gestorben wird, sondern auch gegessen werden muss, veröffentlicht das Blatt unter der humorigen Überschrift „Ohne Mampf kein Kampf“ einen ausführlichen Artikel zur Verköstigung der vielleicht bald wieder kämpfenden Truppe.
Wir erfahren darin unter anderem, dass in den 258 Kantinen der Bundeswehr Wert auf eine ausgewogene Verpflegung gelegt werde. Auf der Speisekarte stünden „nicht nur Germknödel, Putenrahmgeschnetzeltes und Grillhaxe, sondern zum Beispiel auch Veggieburger“. Das ist beruhigend, wurde doch schon ernsthaft die katastrophale Klimabilanz des Ukrainekrieges thematisiert. Also denn: Veggies an die Front! Gleischlose Soldatenkost senkt wenigstens den CO2-Fußabdruck des Militärs. Bis die ersten E-Panzer einsatzbereit sind.
Die SZ-Reporterin hatte zwecks Vorort-Reportage das Verpflegungsamt der Bundeswehr in Oldenburg besucht, wo „entwickelt, verpackt und versendet“ werde, was rund 180.000 Soldatinnen und Soldaten später essen. Schließlich bedeute Zeitenwende, textet die Kriegsberichterstatterin in lockerem Parlando von der kulinarischen Heimatfront, nicht nur Artilleriegeschosse zu bevorraten, sondern auch mehr Lebensmittel für die Truppe auf Lager zu haben.
Etwa in Form der einst so berüchtigten Einmannpackungen, die Wehrpflichtige serviert bekamen, wenn das Ablaufdatum nahte und der Russe immer noch nicht einmarschiert war. Oh, Pardon, seit 2022 heißen die Mahlzeiten, die einen Kämpfenden mindestens einen Tag lang ernähren sollen Einpersonenpackungen. Um einen neuen Namen zu finden, hatte das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) 2021 sogar einen Wettbewerb initiiert. „Nach mehreren Jahrzehnten der Zugehörigkeit von Frauen in den Streitkräften ist der Begriff ‚Einmannpackung‘ nicht mehr zeitgemäß“, hieß es in der Ausschreibung. Jetzt suche man nach einem Namen, der „den Vorgaben der sprachlichen Gleichstellung“, gerecht werde. Allzu groß war der kreative Spielraum nicht, denn die Abkürzung sollte bestehen bleiben. So wurde aus der EPa die EPa.
Bitte nicht auf Kosten der Umwelt
Am Inhalt hat sich wenig geändert. Eine EPa enthält 27 Lebensmittel, darunter Brotbeläge, Getränkepulver und zwei Fertiggerichte für insgesamt drei Mahlzeiten, dazu Hygienepapier, Streichhölzer, ein Erfrischungstuch und Tabletten zur Wasseraufbereitung. Es gibt sie auch in besonders leichter Ausführung und angepasst an andere Klimazonen, vegetarisch sowie ohne Schweine- und Rindfleisch, wobei die 3.600 Kilokalorien warm oder kalt inkorporiert werden können.
Den Küchenstil des Bundeswehrverpflegungsamtes könnte man, die Hauptgerichte betreffend, als gutbürgerlich mit leicht exotischen Noten bezeichnen. Currywurst muss sein, doch ob der „Elchfleisch-Gourmettopf“ die Moral der Truppe zu heben angetan ist, mag bezweifelt werden, vielleicht ist es eine Referenz an die neu zur NATO gestoßenen nordischen Länder Schweden und Finnland. Als Nachtisch gibt es sogar eine Mousse au chocolat, wobei man auch über das Trenddessert Crème brûlée Bundeswehr nachdenken könnte, denn an Feuer mangelt es an der Front bekanntlich nicht.
Leider sind die insgesamt 47 Artikel der EPas in silbernen Staniol- bzw Kunststoffbeuteln alles andere als umweltfreundlich verpackt. Da müsste das BAIUDBw noch nacharbeiten. Oder man fügt jeder Packung einen gelben Sack für die ordnungsgemäße Mülltrennung hinzu. Merke: Wenn man sich schon gegenseitig an die Gurgel geht, dann bitte nicht auf Kosten der Umwelt!
Erbswurst
Leider haben die Errungenschaften der Feldküche bislang nur sehr zögerlich die zivile Esskultur bereichert. Ausnahme: das Kommissbrot, ein mit Sauerteig und/oder Hefe gebackenes, kastenförmiges Mischbrot, das nicht wenige Bäckereien noch im Angebot haben. Charakteristisch ist die effiziente Art, wie es gebacken wird, nämlich dicht an dicht „aneinandergeschoben“, was dazu führt, dass sich nur auf der Oberfläche des Brotes eine Kruste ausbilden kann. Es hat eine engporige Krume, lässt sich gut schneiden und ist lange haltbar.
Ein weiterer kulinarischer Überläufer war die Erbswurst, eines der ältesten industriell hergestellten Fertiggerichte der Welt, entwickelt 1867 von dem Berliner Konservenfabrikanten Johann Heinrich Grüneberg auf der Grundlage von Erbsenmehl, entfettetem Speck, Zwiebeln und Gewürzen und erstmals als Soldatenverpflegung während des deutsch-französischen Krieges 1870/71 an die Soldaten ausgegeben. Der Krieg wurde siegreich beendet, was sicherlich nicht zuletzt den kulinarischen Qualitäten der Erbswurst zu verdanken war.
Fast 130 Jahre lang wurde die Erbswurst von der Firma Knorr in Heilbronn hergestellt und erfreute sich zuletzt noch bei Outdoor-Adepten einer gewissen Beliebtheit. Mit etwas Wasser angerührt und erhitzt, konnte man daraus in drei Minuten so etwas Ähnliches wie eine Erbsensuppe herstellen. 2018 wurde die Produktion eingestellt. Leider war damals Boris Pistorius noch nicht im Amt. Er hätte die Fertigungsstraße vielleicht als kriegswichtig unter die Fittiche des Bundesverpflegungsamtes genommen.
Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mitgegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.