Georg Etscheit / 30.06.2024 / 14:00 / Foto: Medvedev / 17 / Seite ausdrucken

Cancel Cuisine: Feldküche

Die Kampfration der Bundeswehr wurde unbenannt von „Einmannpackung“ zu „Einpersonenpackung“ – für zeitgemäße sprachliche Gleichstellung. Doch was befindet sich darin?

Auch die einst so friedliebende „Süddeutsche Zeitung“ schreibt jetzt ganz unbefangen darüber, wie „Deutschland mit seiner Lage mitten in Europa im Bündnisfall eine zentrale Rolle als Drehscheibe“ zukomme. Zwar drohe noch nicht unmittelbar ein russischer Angriff auf Westeuropa, doch in „fünf bis acht Jahren“ könne es so weit sein. 

Und weil in der bevorstehenden, finalen Auseinandersetzung um Sein oder Nichtsein westlicher Werte nicht nur gestorben wird, sondern auch gegessen werden muss, veröffentlicht das Blatt unter der humorigen Überschrift „Ohne Mampf kein Kampf“ einen ausführlichen Artikel zur Verköstigung der vielleicht bald wieder kämpfenden Truppe.

Wir erfahren darin unter anderem, dass in den 258 Kantinen der Bundeswehr Wert auf eine ausgewogene Verpflegung gelegt werde. Auf der Speisekarte stünden „nicht nur Germknödel, Putenrahmgeschnetzeltes und Grillhaxe, sondern zum Beispiel auch Veggieburger“. Das ist beruhigend, wurde doch schon ernsthaft die katastrophale Klimabilanz des Ukrainekrieges thematisiert. Also denn: Veggies an die Front!  Gleischlose Soldatenkost senkt wenigstens den CO2-Fußabdruck des Militärs. Bis die ersten E-Panzer einsatzbereit sind.

Die SZ-Reporterin hatte zwecks Vorort-Reportage das Verpflegungsamt der Bundeswehr in Oldenburg besucht, wo „entwickelt, verpackt und versendet“ werde, was rund 180.000 Soldatinnen und Soldaten später essen. Schließlich bedeute Zeitenwende, textet die Kriegsberichterstatterin in lockerem Parlando von der kulinarischen Heimatfront, nicht nur Artilleriegeschosse zu bevorraten, sondern auch mehr Lebensmittel für die Truppe auf Lager zu haben.

Etwa in Form der einst so berüchtigten Einmannpackungen, die Wehrpflichtige serviert bekamen, wenn das Ablaufdatum nahte und der Russe immer noch nicht einmarschiert war. Oh, Pardon, seit 2022 heißen die Mahlzeiten, die einen Kämpfenden mindestens einen Tag lang ernähren sollen Einpersonenpackungen. Um einen neuen Namen zu finden, hatte das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) 2021 sogar einen Wettbewerb initiiert. „Nach mehreren Jahrzehnten der Zugehörigkeit von Frauen in den Streitkräften ist der Begriff ‚Einmannpackung‘ nicht mehr zeitgemäß“, hieß es in der Ausschreibung. Jetzt suche man nach einem Namen, der „den Vorgaben der sprachlichen Gleichstellung“, gerecht werde. Allzu groß war der kreative Spielraum nicht, denn die Abkürzung sollte bestehen bleiben. So wurde aus der EPa die EPa.

Bitte nicht auf Kosten der Umwelt

Am Inhalt hat sich wenig geändert. Eine EPa enthält 27 Lebensmittel, darunter Brotbeläge, Getränkepulver und zwei Fertiggerichte für insgesamt drei Mahlzeiten, dazu Hygienepapier, Streichhölzer, ein Erfrischungstuch und Tabletten zur Wasseraufbereitung. Es gibt sie auch in besonders leichter Ausführung und angepasst an andere Klimazonen, vegetarisch sowie ohne Schweine- und Rindfleisch, wobei die 3.600 Kilokalorien warm oder kalt inkorporiert werden können.

Den Küchenstil des Bundeswehrverpflegungsamtes könnte man, die Hauptgerichte betreffend, als gutbürgerlich mit leicht exotischen Noten bezeichnen. Currywurst muss sein, doch ob der „Elchfleisch-Gourmettopf“ die Moral der Truppe zu heben angetan ist, mag bezweifelt werden, vielleicht ist es eine Referenz an die neu zur NATO gestoßenen nordischen Länder Schweden und Finnland. Als Nachtisch gibt es sogar eine Mousse au chocolat, wobei man auch über das Trenddessert Crème brûlée Bundeswehr nachdenken könnte, denn an Feuer mangelt es an der Front bekanntlich nicht.

Leider sind die insgesamt 47 Artikel der EPas in silbernen Staniol- bzw Kunststoffbeuteln alles andere als umweltfreundlich verpackt. Da müsste das BAIUDBw noch nacharbeiten. Oder man fügt jeder Packung einen gelben Sack für die ordnungsgemäße Mülltrennung hinzu. Merke: Wenn man sich schon gegenseitig an die Gurgel geht, dann bitte nicht auf Kosten der Umwelt!

Erbswurst

Leider haben die Errungenschaften der Feldküche bislang nur sehr zögerlich die zivile Esskultur bereichert. Ausnahme: das Kommissbrot, ein mit Sauerteig und/oder Hefe gebackenes, kastenförmiges Mischbrot, das nicht wenige Bäckereien noch im Angebot haben. Charakteristisch ist die effiziente Art, wie es gebacken wird, nämlich dicht an dicht „aneinandergeschoben“, was dazu führt, dass sich nur auf der Oberfläche des Brotes eine Kruste ausbilden kann. Es hat eine engporige Krume, lässt sich gut schneiden und ist lange haltbar.

Ein weiterer kulinarischer Überläufer war die Erbswurst, eines der ältesten industriell hergestellten Fertiggerichte der Welt, entwickelt 1867 von dem Berliner Konservenfabrikanten Johann Heinrich Grüneberg auf der Grundlage von Erbsenmehl, entfettetem Speck, Zwiebeln und Gewürzen und erstmals als Soldatenverpflegung während des deutsch-französischen Krieges 1870/71 an die Soldaten ausgegeben. Der Krieg wurde siegreich beendet, was sicherlich nicht zuletzt den kulinarischen Qualitäten der Erbswurst zu verdanken war.

Fast 130 Jahre lang wurde die Erbswurst von der Firma Knorr in Heilbronn hergestellt und erfreute sich zuletzt noch bei Outdoor-Adepten einer gewissen Beliebtheit. Mit etwas Wasser angerührt und erhitzt, konnte man daraus in drei Minuten so etwas Ähnliches wie eine Erbsensuppe herstellen. 2018 wurde die Produktion eingestellt. Leider war damals Boris Pistorius noch nicht im Amt. Er hätte die Fertigungsstraße vielleicht als kriegswichtig unter die Fittiche des Bundesverpflegungsamtes genommen. 

 

Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mitgegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.

Foto: Medvedev CC BY-SA 3.0, Link

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finn waidjuk / 30.06.2024

Nichts gegen das EPa, bitte! Das Zeug darin ist ja nicht schlecht, man kann es nur nicht essen. Deshalb ist ja auch so gut verpackt; damit die Mülltonne nicht verschmiert wird, wenn man es wegwirft. Ich kannte nur eine einzige Person, die das tatsächlich aß: meinen Vater. Der freute sich immer, wenn ich ihm ab und zu freitags ein EPa mitbrachte. Aber man konnte ihm in der Sache nicht uneingeschränkt vertrauen, er trug auch mit Begeisterung meine Reservistenklamotten aus dem Mob-Sack auf. So habe ich ihn in Erinnerung behalten: wie er mit meinem BW-Parka und der Wintermütze zum Angeln ging.

Gerd Maar / 30.06.2024

Gibt es die Hartkekse aka Panzerplatten nicht mehr in den Einpersonenpackungen? Die konnte man in Notfall mit Schuhcreme beschmiert auch als Brennmaterial für den Esbitkocher verwenden. Ist aber vermutlich jetzt sowieso verboten, wegen der CO2-Bilanz.

Michael Lorenz / 30.06.2024

“Germknödel, Putenrahmgeschnetzeltes, Grillhaxe, Veggieburge…” - Schon im “Asterix als Legionär” sagte jener: “Je schlechter die Verpflegung, desto besser die Truppe”, schob angewidert das Essen weg und meinte, er wusste nicht, dass die römische Armee so gut ist. Und ganz entsprechend staune ich darüber: während zu meiner Wehrdienstzeit EPA als “Erbrochenes Portionsweise Abgepackt” übersetzt wurde, sind auch die heutigen EPAs voller Leckereien! Natürlich passt dazu der schwangerengerechte Panzer, das gegenderte EPA und dass die Munition nur für 3 Stunden reicht. Aber solange die Grünen in der Regierung sind, beruhigt mich sehr, was das derzeit für eine Kaspertruppe ist!

Lutz Herrmann / 30.06.2024

Mein Stubenkamerad Hans Vestit hat immer den Prosecco vermisst. Hätte locker reingepasst. Stößchen!!

Emil.Meins / 30.06.2024

Ergänzung für die Liebhaber der Erbswurst: es gibt sie noch in der Grosspackung: Knorr feine Grünerbsen Suppe Trockenmischung (typischer Erbsen Geschmack mit leichter Specknote) (1 x 2,7 kg), bei AMAZON für sagenhafte 51,01 €, noch 2013 schrieb ALPIN dazu: ALPIN Produkt des Monats 10/13, Die Erbswurst von Knorr, Preis: 1,49 Euro. Allerdings nicht mehr in der gepressten “Tablettenform”, sondern als Pulver zum Einrühren. Mit den veränderten Inhaltsstoffen==> Zutaten: 55 % Erbsmehl, WEIZENMEHL, Speisesalz, Palmöl, Reismehl, jodiertes Speisesalz, 3,3 % geräuchertes Speckfett, Hefeextrakt, Zwiebeln, Fruktose, Spinatpulver, Gewürze (Pfeffer, Petersilienwurzel, Curcuma), Aromen. Kann Spuren von Milch, Ei, Sellerie, Soja und Senf enthalten. WIKIPEDIA weiß dazu: Die Portionstabletten bestanden ursprünglich nur aus Erbsenmehl, Rinderfett, entfettetem Speck, Speisesalz, Zwiebeln und Gewürzen. Später wurde die Zusammensetzung der Zutaten deutlich verändert – neben Erbsenmehl, geräuchertem Speck, Palmöl, Speisesalz sowie geräucherter Hefe, Raucharoma und anderen Aromen kamen vor allem Geschmacksverstärker zum Einsatz: Mononatriumglutamat, Dinatriuminosinat, Dinatriumguanylat und Hefeextrakt. Die gelbe Erbswurst enthielt darüber hinaus zur Farbgebung Curcuma, die grüne hingegen Gemüsesaftkonzentrat und Spinatpulver. Bei AMAZON siehe die Kundenrezensionen, soll gut schmecken! Und da die Packung zu groß ist, würde ich raten, Einzelportionen mit dem Vakuumierer herzustellen, zum Wandern und für Prepper.

L. Luhmann / 30.06.2024

Da staunt der Russ’! - “Als Nachtisch gibt es sogar eine Mousse au chocolat, wobei man auch über das Trenddessert Crème brûlée Bundeswehr nachdenken könnte, denn an Feuer mangelt es an der Front bekanntlich nicht.” - Als Trendsetter und Kriegsgourmet halte ich im Schützengraben meine Dose mit Käse kurz in das gegnerische Feuer - et voilà: Käse mit Löchern! -  Der Erbswurstgenuss im Krieg ist leider bei primärer und auch sekundärer Erbswurst eingeschränkt, da man nie genau weiß, über welchen Haufen man schließlich geschossen wird. - Kämpfende*innen können der Schützengrabeninkontinenz entgegenwirken, in dem sie ihren Musculus pubococcygeus regelmäßig trainieren, damit sie in der Hektik wertvolle Erbsressourcen nicht vorschnell verlieren. - Stimmt es eigentlich, dass es in der Panzerhaubitze 2000 Biobehälter gibt, in denen wertvoller Biodünger erzeugt wird? Oder wie wird denn sonst der CO2-Fußabdruck der PzH 2000 kompensiert? Kennt sich da jemand*in aus?

Franz Klar / 30.06.2024

Ich besitze noch originalverschweißte Streichholzheftchen aus meinem EPa anno 1983 . Kürzlich probiert , schmecken noch hervorragend ! Alte Vorkriegsqualität eben ...

Rainer Möller / 30.06.2024

Herr Etscheid, viele Grüße von einem “friedensbewegten” Leser. Direkt wehrkraftzersetzend war ihr Text zwar noch nicht. Aber er trägt nicht gerade dazu bei, Deutschland kriegstüchtiger zu machen. Dabei war die “Achse des Guten” doch eigentlich für neoconservatives gedacht, als Gegenposten gegen die “Achse des Bösen”. Ob da was aus dem Ruder läuft?

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