Dirk Maxeiner / 09.07.2023 / 06:15 / Foto: Rudolf Wildermann / 109 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Das sind keine Pfeifen

Bei der gegenwärtigen Bundesregierung handelt es sich zweifellos um das größte Künstlerkollektiv, das jemals ein Land regierte. Zur Kommunikation ihres politischen Programms empfehle ich daher eine Sonderausstellung in der Pinakothek der Moderne.

Ich bin der Meinung, dass der Aspekt der Lebenshilfe auf den Seiten der Achse des Guten ein wenig zu kurz kommt. Ich möchte deshalb ein Geheimnis mit Ihnen teilen, das Sie aus dem tiefen Tal der Finsternis in den tröstlichen Fackelschein der Erkenntnis führt. Mehr und mehr Menschen leiden daran, dass sie nicht mehr verstehen, was in diesem Land vor sich geht. Sie zermartern sich ihr Gehirn beispielsweise darüber, welchen Sinn unsere Politik haben könnte, und drehen sich dabei im Kreise, bis es ihnen schwindelig und schließlich schlecht wird. Ich persönlich habe einen Ausweg aus dieser schmerzenden Endlosschleife gefunden, ganz einfach durch einen radikalen Perspektivwechsel. Den will ich Ihnen in einfachen Schritten erklären und zur Nachahmung empfehlen. Sie werden wieder mehr Freude am Leben haben und Ihre innere Ruhe zurückfinden.

Beginnen möchte ich mit dem bekannten Politikberater René François Ghislain Magritte. Der malte eine Pfeife und schrieb darunter: „Das ist keine Pfeife“ („Ceci n'est pas une pipe"). Das Bild hat es immerhin ins Los Angeles Museum of County-Art geschafft und einen ganzen philosophischen Kosmos um sich herum gruppiert. In einer einschlägigen Beschreibung heißt es: „Magritte veranlasst den Betrachter, an der Wirklichkeit der Dingwelt beziehungsweise der real gegenständlichen Welt zu zweifeln“. Er regt also genau jenen Denkprozess an, der uns tagtäglich von der deutschen Politik aufgenötigt wird. Derjenige, der sie verstehen will, darf die handelnden Personen daher nicht als Politiker wahrnehmen, sondern sollte sie als Kunstschaffende begreifen. Dies löst Verspannungen, baut Aggressionen ab und entschärft Ressentiments, kurz, es führt zu einem gedeihlicheren Miteinander, das von Respekt und Anteilnahme geprägt ist.

Nehmen wir beispielsweise den gerade auf eine etwas längere Museumsbank geschobene „Gesetz zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur Änderung der Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung“, im Volksmund auch „Heizungsgesetz“ benannt. Um zu diesem eine gesittete Debatte zu ermöglichen, genügt eine neue Überschrift „Dies ist kein Gesetzentwurf“. Das würde exakt der Vorgehensweise von Magritte entsprechen: Er bezeichnet mit einem Namen, was keinen Namen braucht  und er tut dies, indem er bestreitet, dass es das ist, was es ist. Oder wie Kunstkenner es formulieren: „Magrittes Werke können anhand seiner Methode als reflektorische Bilder bezeichnet werden, da sie auf einer Idee oder einem Gefühl basieren und bei dem Betrachter eine Reflexion über das Verhältnis von Bild und Abbild auslösen“. 

„Und es sind doch Pfeifen“

Sobald man das Wirken unserer Herrschenden als revolutionäre Kunstform begreift, springt der Zündfunke der höheren Erkenntnis über und Unsinn wird plötzlich von Sinn überwölbt. Nehmen wir doch nur ein Bild der Kabinettsmitglieder. Und schreiben in der Umkehr der magrittschen Methodik darunter: „Das sind Pfeifen“. Sofort wird die Szenerie in ein anderes Licht getaucht und eine Reflektion  über das Verhältnis von Bild und Abbild wird ausgelöst. Erstaunlicherweise funktioniert dies genauso, wenn man darunter schreibt „Das sind keine Pfeifen“. Das Ergebnis beim Betrachter ist stets das gleiche, birgt aber eine echte philosophische Herausforderung. Denn es heißt: „Und es sind doch Pfeifen“, ganz egal, was darunter steht. Auch der Komplex „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“, gestellt vom Prinz von Dänemark im Hamlet, 3. Aufzug, 1. Szene wird im Rahmen des künstlkerischen Wirkens unserer Bundesregierung erstmals regierungsamtlich beantwortet: Es ist das Gleiche.

Bei der gegenwärtigen deutschen Führungsriege handelt es sich zweifellos um das größte Künstlerkollektiv, das jemals ein Land regierte. Olaf Scholz verdient einen Platz neben Ikonen wie René Magritte, Salvator Dali und Jonathan Meese. Zur besseren Kommunikation des politischen Programms der Bundesregierung empfehle ich daher eine Sonderausstellung in der Pinakothek der Moderne. Hier ein paar Vorschläge für Exponate: Das Abbild eines Mannes. Bildunterschrift: Das ist kein Mann. Abbild einer Frau: Unterschrift: Das ist keine Frau. Abbild des Bundeshaushaltes: Bildunterschrift: Das ist keine Inflation. Abbild des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes („NetzDG"). Bildunterschrift: Das ist keine Zensur. Abbild von Annalena Baerbock: Bildunterschrift: Das ist keine Außenministerin. Abbild einer Impfspritze: Bildunterschrift: Nur ein kleiner Piks. Oder auch keine Abbildung und einfach die Aussage: Eins und eins sind drei. 

Auf Wikipedia heißt es zum Thema: „Surrealismus bezeichnet eine geistige Bewegung, die sich als Lebenshaltung und Lebenskunst gegen traditionelle Normen äußert. Sie findet bis in die Gegenwart sowohl philosophisch als auch in den Medien, Literatur, Kunst und Film ihren Ausdruck. Es werden vor allem psychoanalytisch begründete Theorien verarbeitet. Traumhaftes, Unbewusstes, Absurdes und Phantastisches sind daher Merkmale der literarischen, bildnerischen und filmischen Ausdrucksmittel. Auf diese Weise sollen neue Erfahrungen gemacht und neue Erkenntnisse gewonnen werden.“

Das große künstlerische Verdienst der Bundesregierung ist die Einführung dieser Ausdrucksmittel in den zeitgenössischen Politikbetrieb. Dies sichert unserem Land einen führenden Platz in der Kunstgeschichte und wird unvergessen bleiben. 

 

Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber der Achse des Guten.Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

Foto: Illustration Rudolf Wildermann

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Andreas Mertens / 09.07.2023

Tja, und wie beim Meisten was sich unter dem Begriff “Modern” in unseren Museen stapelt fragt sich auch der geneigte Michel bei seiner Regierung: “Ist das Kunst oder kann das weg?”

Franck Royale / 09.07.2023

Das Magritte Museum in Brüssel ist Pflichtprogramm. Wer sich beeilt kann bis zum 10. September auch noch die „Le Chat“ Skulpturen von Geluck im königlichen Park bewundern. Überhaupt gibt es in Belgien viel zu sehen und zu bestaunen. 16 Monate war das Land ohne Regierung, Weltrekord und ein Hoffnungsschimmer für regierungsgeplagte Bürger in aller Welt. Seidem entwickelt sich das Land irgendwie auch zum Besseren.

Max Mütze / 09.07.2023

Ist das Kunst oder kann das weg?

Heiko Stadler / 09.07.2023

Lieber Herr Maxeiner, kennen Sie Micheal Schrodi? Dieser Künstler aus der Truppe der SPD lieferte gestern im Parlament eine frei improvisierte Tanzeinlage, die alles, was Größen wie Michael Jackson oder Tina Turner lieferten, weit in den Schatten stellt. Schrodi ist kein Künstler. Er ist mehr als als ein Künstler. Er ist das Sahnehäubchen im Sommermärchen, das wir der AfD zu verdanken haben.

Dr. Joachim Lucas / 09.07.2023

Ich halte mich da lieber an Literatur, in diesem Fall an Orwells 1984. In einer Szene kriegt Winston Smith vom Verhörer 4 Finger gezeigt und wird gefragt: Wieviele Finger? Immer seine Antwort 4. Und schließlich die Frage vom Verhörer: Und wenn der Staat will, dass du 5 Finger siehst? Das ist die Situation in diesem Land. Man sieht 4 Finger und du musst immer 5 sehen. Das sind für mich die neuen Erkenntnisse und Erfahrungen bei allen von diesen Verrückten angefassten Themen in diesem Staat.

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