Welche Auswirkungen hat die Massenmigration eigentlich auf die psychische Verfassung der autochthonen Bevölkerung? Sucht man nach entsprechenden Studien, findet man eigentlich nur welche zum Befinden der Migranten.
Es waren ja die vielleicht überraschendsten Zahlen der Europawahl: AfD und CDU/CSU sind die beiden stärksten Parteien bei Wählern zwischen 16 und 24 Jahren. Die beiden Parteien erreichten hier 16 bzw. 17 Prozent der Stimmen. Die Gründe dafür sind sicherlich vielfältig, aber diese Altersgruppe eint ganz überwiegend ein Aspekt: eine besondere Nähe zum alltäglichen Kulturkampf: v.a. natürlich in der Schule, aber auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln und Clubs, ganz zu schweigen natürlich von Badeanstalten, so sie überhaupt noch besucht werden.
Muslimische Deutschenfeindlichkeit
Vor 15 Jahren war – man lese und staune – die muslimische Deutschenfeindlichkeit in bestimmten Berliner Schulen ein großes öffentliches Thema, zu dem sich sogar die damalige Familienministerin ausgesprochen couragiert äußerte. Einige Jahre später war das Thema dann endgültig durch, denn bei der „Deutschenfeindlichkeit“ handelt es sich bloß um einen rechtsextremen Topos unter Ausblendung von Machtverhältnissen, wie uns die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) wissen ließ. Für die damalige bpb-Autorin Y. Shooman im Übrigen eine durchaus karrierebegünstigende Einschätzung, leitet sie doch seit September 2022 im Bundeskanzleramt das Referat „Bekämpfung von Rassismus und Unterstützung Betroffener“ – womit nicht die autochthone Jugend gemeint ist.
Mittlerweile ist es ja geradezu Staatsräson, dass Diversität und Vielfalt uns bereichern, und zwar ausnahmslos. Nicht nur aus ökonomischer, sondern auch aus psychiatrischer Sicht mangelt es dieser Parole an jeglicher Substanz – wie es eben so ist bei ideologischen Losungen. Tatsächlich verhält es sich nämlich so – und dabei handelt es sich um einen recht harten Befund der seriösen Migrationsforschung –, dass Einwanderung, so sie eine bestimmte zahlenmäßige Grenze überschreitet, das sog. Sozialkapital der einheimischen Bevölkerung verringert. Der US-Wissenschaftler Putnam spricht in diesem Zusammenhang auch von „Wegducken“: So ziehen sich Einheimische zurück, die in einer Gemeinde mit hohem Einwandereranteil leben, bringen Anderen weniger Vertrauen entgegen, nehmen seltener am sozialen Leben teil, haben nicht so viele Freunde und sehen mehr fern. Nicht zu vergessen: Um Genehmigung oder Zustimmung zum massiven Zuzug der Fremden wird dieser Bevölkerungsteil nie befragt – irgendwann sind sie halt da.
Solastalgie
Auch wenn die angestammte Bevölkerung dort wohnen bleibt oder wohnen bleiben muss, hat dennoch eine Art von Vertreibung stattgefunden, die als Solastalgie bezeichnet werden könnte. Dieser Begriff nimmt die psychischen Auswirkungen von gravierenden Veränderungen oder Zerstörungen der Umwelt, also der natürlichen und materiellen Bedingungen, in und mit denen wir leben, in den Blick. Und dazu gehört natürlich auch ein Wandel in der ethnischen Zusammensetzung der uns umgebenden Menschen – samt den dadurch wiederum ausgelösten weiteren Veränderungen, sei es in der unmittelbaren Nachbarschaft, der Schule, im Stadtviertel, am Arbeitsplatz oder auch in unserem Innersten. Aber dieser zugegeben etwas sperrige Begriff der Solastalgie wurde mittlerweile gekapert von der aktivistischen Klimaforschung, die damit gerne reale, drohende oder bloß imaginierte Umweltveränderungen oder -zerstörungen durch – was denn sonst – klimawandelbedingte Naturgewalten bezeichnet.
Wie dem auch sei, beim Konzept der Solastalgie geht es im Kern um eine durch erhebliche Veränderungen der Lebensumwelt bedingte psychische Not, die durchaus noch unter der Krankheitsschwelle angesiedelt sein kann, aber nicht muss. Bei den infrage kommenden psychischen Problemen ist in erster Linie an Depressionen, Ängste, Schlafstörungen oder auch Suchtentwicklungen zu denken. Wie mag denjenigen zumute sein, in deren Dorf gerade eine Asylunterkunft mit mehreren hundert Plätzen gebaut wird, den Teenies, die täglich auf dem Schulweg an einer Kohorte dominant und aggressiv auftretender fremdländischer junger oder auch nicht mehr ganz junger Männer vorbei müssen, den Jungs, denen Prügel angedroht wird, wenn sie nicht dies oder das tun oder nicht dies oder das unterlassen, oder dem Ladenbesitzer, der plötzlich ein ernstes Problem mit Ladendiebstahl hat?
Kein Forschungsgegenstand?
Eigentlich sollte doch wohl bei den zahllosen Problemlagen, die durch die kulturfremde Massenmigration der letzten zehn Jahre entstanden sind, auch ein erheblicher Teil der autochthonen Bevölkerung psychisch Schaden genommen haben, durchaus nicht nur die Jüngeren. Der psychiatrischen Forschung stünde damit also ein breites und keinesfalls irrelevantes Betätigungsfeld zur Verfügung.
Aber, weit gefehlt – trotz einer extensiven Recherche bei Google und seinem wissenschaftlichen Ableger Google Scholar unter zahlreichen Suchbegriffen. Hier seien nur vier Varianten genannt: Psychische Störungen bei Autochthonen durch Migration oder Psychische Belastungen von Deutschen durch muslimische Migration oder führt Migration zu psychischen Problemen bei Deutschen oder auch der einheimischen Bevölkerung. Das ernüchternde Ergebnis: Kein einziger Treffer. Dafür aber geradezu monoton und penetrant immer wieder die ganze Palette von Arbeiten, in denen es um die Frage geht, wie es um die Psyche der hiesigen Migranten bzw. verschiedener Untergruppen und deren Versorgung bestellt ist.
Wahrscheinlich hat Google insofern recht, als es tatsächlich keine einzige einschlägige Studie gibt, in denen es um die geht, die man nicht gefragt hat, die aber dennoch das alles bezahlen dürfen und denen man vielleicht auch noch den Seelenfrieden genommen hat – was aber weder Psychiatrie, Psychologie oder Medien zu interessieren scheint.
Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Wolfgang Meins ist Neuropsychologe, Arzt für Psychiatrie und Neurologie, Geriater und apl. Professor für Psychiatrie. In den letzten Jahren überwiegend tätig als gerichtlicher Sachverständiger im zivilrechtlichen Bereich.