Gunnar Heinsohn / 04.01.2020 / 06:25 / Foto: farsi.khamenei.ir / 107 / Seite ausdrucken

Irans SS-Heydrich

Am 27. Mai 1942 erschießen tschechische Widerständler Reinhard Heydrich in Prag. Er ist Chef des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), dem wichtigsten Geheimdienst des Reiches. Seit 1941 ist er zuständig für den Holocaust. Am 20. Januar 1942 zieht er auf der Wannseekonferenz Bilanz über die bereits umgebrachten und in Zukunft noch zu tötenden Juden aus ganz Europa. Seine SS-Einsatzgruppen besorgen zudem die Morde an Gebildeten in besetzten slawischen Gebieten, denen allein 60.000 Mitglieder der polnischen Intelligenz zum Opfer fallen. Ihre 3.000 Mann unterstehen nicht der Wehrmacht. Heydrich meldet seine Erfolge also direkt – oder über den SS-Chef Heinrich Himmler – an seinen Führer Adolf Hitler. 

Für den SS-Obergruppenführer und General der Polizei Heydrich wird Staatstrauer angeordnet. Die NS-Führung ist zutiefst verunsichert. Hitler nimmt persönlich an seinem Sarg Abschied von seinem ehrgeizigsten Völkermörder. Als Rache für Heydrich werden 1.300 Tschechen umgebracht. Sein Nachfolger wird SS-Gruppenführer Ernst Kaltenbrunner. Er kann die Verbrechen noch bis Mai 1945 fortsetzen. Im Nürnberger Prozess wird er zum Tode verurteilt. Am 16. Oktober 1946 endet er am Strang.

Als Gegenstück zur SS baut Ruholla Khomeini im Mai 1979 die Sepah-e Pasdaran-e Enghelab-e Islami auf. Diese „Armee der Wächter der islamischen Revolution“ gehorcht nicht Irans militärischem Oberkommando, sondern berichtet direkt an den obersten Imam. General Hussein Salami erfüllt als Führer dieser „Revolutionsgarden“ eine ähnliche Funktion wie Heinrich Himmler bei der SS. Dem Reichssicherheitshauptamt und seinen SS-Einsatzgruppen entsprechen die Nīrū-ye Quds

Diese „Jerusalem-Brigaden“ tragen den Namen der Hauptstadt Israels, weil sie den jüdischen Staat vernichten sollen. Sie sind eine Spezialtruppe und zugleich Irans wichtigster Geheimdienst. Im gesamten islamischen Raum stellen sie Sonder-Einheiten auf, um den Mini-Staat sturmreif schießen zu können. Ihr – am 3. Januar 2020 getöteter – Anführer Qassem Soleimani wird im Nahen Osten zum direkten Erben Reinhard Heydrichs.

Für den daheim als Held verehrten General wird Staatstrauer angeordnet. Irans oberster Führer, Ali Hosseini Khamenei,, kündigt die Rache für seinen effektivsten Großtöter persönlich an. Nachfolger Soleimanis wird Quds-General Gen. Esmail Ghaani. Er brüstet sich damit, mehr Amerikaner getötet, als dabei eigene Leute verloren zu haben

Die Rache wird kommen. Doch im Unterschied zu den Juden Europas können sich ihre Jerusalemer Nachfolger wehren. Die Quds-Brigaden sind zahlenmäßig auch deshalb fünfmal so stark wie die SS-Einsatzgruppen, weil sie Juden nicht einfach abschlachten können, sondern erst einmal besiegen müssen und dabei umkommen können. Entsprechend groß ist die Trauer von Hamas in Gaza: “Soleimani hat einen Großteil seiner Bemühungen und seines Kampfes darauf konzentriert, den Untergang der zionistischen Einheit herbeizuführen und sie vom Land Palästinas zu entfernen.“

 

Gunnar Heinsohn lehrt Kriegsdemografie am NATO Defense College (NDC) in Rom. 

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Alexander Seiffert / 04.01.2020

Dass ich in den letzten Jahren jemandem die NYT zum Lesen empfehle, hätte ich nie für möglich gehalten, aber wenn ein Artikel damit beginnt, dass man in Teheran vermutlich mal eine Straße nach Trump benennen wird, dann ahnt man, dass es gut wird. Thomas Friedman liefert den (links-)liberalen Beifall für Trumps Entscheidung. Mit Suleimani sei der “dümmste Mann im Iran” ausgeschaltet worden. Einer der es vollbracht hat, ein Geschenk des Himmels in Form des Atomabkommens (welches dem Iran lächerliche 15 Jahre Uran-Anreicherungs-Drosslung abverlangte und im Gegenzug bereits im ersten Jahr ein Wirtschaftswachstum von 12% schenkte) eigenmächtig ausschlug, in dem er groß-imperiale Projekte startete. Nicht nur, dass das Abkommen nun Geschichte ist und Irans Wirtschaft um 10% pro Jahr schrumpft. Suleimani hat Irans Status bei schiitischen Minderheiten im Libanon, Syrien, Irak und anderswo im Nahen und Mittleren Osten nachhaltig ruiniert. Bishin dass im Libanon Schiiten mit Sunniten gemeinsam gegen die Iranische Einflussnahme demonstrieren oder sogar in Basra, der irakischen Schiiten-Hochburg, das Iranische Konsulat gestürmt und abgefackelt wird. Wäre der Iran eine moderne Demokratie, mit “Checks & Balances”, dann hätte Suleimans Inkompetenz ihn nie so weit aufsteigen lassen. Nur in der “Islamischen Republik” konnte er zum Über-General und Über-Märtyrer avancieren.

Karl-Heinz Vonderstein / 04.01.2020

Finden Sie , von der Achse des Guten, nicht auch, dass der getötete Quassem Soleimani in den Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Sender hierzulande aktuell noch ganz gut wegkommt?Man weiß gar nicht so genau, wenn man die Nachrichten verfolgt, wer da der Gute und wer da der Böse ist.

U. Habermann / 04.01.2020

Sehr geehrter Herr Heinsohn, als Unterrichtender in Sachen Kriegsdemografie sollte man eigentlich voraussetzen, dass Sie auch mit den historischen Tatsachen vertraut sind. Jedenfalls ist Reinhard Heydrich nicht von tschechischen Widerstandskämpfern erschossen worden. Die Details des Attentats mögen Sie bitte selbst recherchieren. Wenn schon solche zweifelhafte Vergleiche angestellt werden, sollten auch die Details stimmen.

Alexander Schilling / 04.01.2020

@Hans-Peter Dollhopf : Danke für den colaphus, dessen Echo bis nach Honolulu schallt! Offensichtlich hat mein “Phraseologismus” eine wunde Stelle getroffen—hätte ich denn geschrieben, “waren die Amerikaner bemüht, den syrischen Diktator zugunsten einer parlamentarischen Demokratie zu stürzen” (mit den aus Afghanistan, dem Irak, Ägypten, &c. bekannten Ergebnissen) wäre vielleicht meine Wange jetzt weniger rot, doch wie stünde es dereinst um mein Seelenheil in besagter Sauna?

Hans-Peter Dollhopf / 04.01.2020

Herr Spata, WELT Online (WON) ist nichts weiter als ein Abklingbecken für sonst nicht mehr weiter verwertbaren Fallout von dpa & Co KG. Und die “Moderatoren” der “Leserkommentare” auf welt.de sind ebenso bei billigsten Drittfirmen dazugekauft, wie die Mindestlohn-Hasskommentar-Filterer für Facebook!

Gabriele Klein / 04.01.2020

@ Achim Kausen “Man darf nicht einfach ungefragt in einen souveraenenen Staat eindringen und irgendwelche Leute ermorden. ”  Jetzt wäre meine Frage an Sie, warum darf das der Iran im Iraq?  Und dann,  was machen die Milizen des Irans eigentlich in der Amerikanischen Botschaft? So eine Botschaft ist nach dem Wiener Abkommen vergleichbar wie ein souveräner Staat im Staat.  Also nochmals, darf eine iranische/irakische Miliz einfach ungefragt in eine Botschaft eindringen? “Gesetze werden nicht befolgt, weil sie sinnvoll sind, sondern weil sie da sind”  Da geb ich Ihnen Recht. Das was aufm Tisch steht wird gegessen, auch wenn das Haltbarkeitsdatum längst verfallen ist…......

Thorsten Schmidt / 04.01.2020

„Am 27. Mai 1942 erschießen tschechische Widerständler Reinhard Heydrich in Prag.“ Auch wenn es nur ein Detail ist, so ist es doch ärgerlich, wenn es falsch dargestellt wird: Heydrich wurde am 27.05.1942 nicht erschossen. Die eingesetzte Maschinenpistole versagte. Heydrich starb am 04.06.1942 an den Folgen der Explosion der beim Attentat ebenfalls eingesetzten Handgranate.

Gereon Stupp / 04.01.2020

@K. Anton Kann es sein, daß da ein wenig Stolz mitschwingt? Gewiß, ich bin polemisch, aber warum ist Ihnen diese ‘pole-position’ so wichtig? Weil sonst vom deutschen Selbstwertgefühl gar nichts bleibt? Motto, wenn schon nicht der Größte, dann doch zumindest der Schlimmste? @G. Heinsohn R. Heydrich wurde nicht erschossen sondern starb an einer Blutvergiftung, die von Polsterfasern seines Wagens ausgelöst wurde, welche ihm mit Splittern in den Rücken drangen. Für diesen Artikel ist es wenig erheblich, aber von einem Experten sollte soviel Genauigkeit schon erwartet werden können. Denn es zeigt vor allem, daß der Anschlag (anders als der gestern) nicht besonders professionell durchgeführt worden ist. Es wäre ein leichtes gewesen, die Splitter herauszuoperieren, aber man hielt es schlicht für unnötig, weil Handgranaten-Splitter klein, glühend heiß und damit steril sind. Auf die Idee der Verunreinigung kam man nicht, und als die Sepsis auftrat, war es zu spät. ——— Verglichen damit haben die Amerikaner gezeigt, daß es keinen Lokus auf der Welt gibt, an dem sich die iranischen Führer in Ruhe auf die Schüssel hocken können. Und wer will schon zum K****n jedes Mal in den Bunker gehen. :-) Natürlich wird Gen. Soleimani ersetzt werden, genauso wie die Amerikaner jeden ihrer gefallenen Soldaten ersetzen können. Es geht hier um Symbole und als solches war die amerikanische Aktion stark und überzeugend.

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