Archi W. Bechlenberg / 05.03.2023 / 10:00 / Foto: Imago / 32 / Seite ausdrucken

Comeback von „Fawlty Towers“?

Im englischen Badeort Torquay, sorgte ein gewisser Basil Fawlty als Hotelbesitzer, zuverlässig dafür, dass aus kleinstem Anlass ein größtmögliches Chaos entstehen konnte. Die Serie wurde legendär und ließ keinen bösen Gag aus. Jetzt soll sie wieder erstehen. Aber wie, in diesen woken Zeiten?

Die Vielälteren unter uns werden sich noch erinnern – es gab einmal eine Zeit, in der die Fernsehwelt besser war, so wie überhaupt die ganze Welt. Vereinzelt herrschte allerdings, das darf man nicht unter den Tisch kehren, auch damals schon das blanke Chaos. 

So im englischen Badeort Torquay, wo ein gewisser Basil Fawlty, Hotelbesitzer, zuverlässig dafür sorgte, dass aus kleinstem Anlass ein größtmögliches Chaos entstehen konnte. Sofern man davon nicht persönlich betroffen war, also nichts mit Fawltys Hotel als Gast, Angestellter, Angehöriger, Lieferant oder Nachbar zu tun hatte, konnte man sich über die Ereignisse rund um das gastfeindliche Haus prächtig amüsieren.

Fawlty Towers, das war ein fiktives Hotel, erdacht und geschrieben von John Cleese (inzwischen 83) und seiner damaligen Ehepartnerin Connie Booth (paar Jahre jünger). In zwei Staffeln mit insgesamt zwölf Episoden erzählte die BBC-Sitcom zwischen 1975 und 1979 von den Leiden eines aufrechten Mannes (Cleese), der eigentlich alle Menschen von ganzem Herzen hasst, der aber gezwungen ist, mit ihnen auszukommen; ja schlimmer noch, der dafür Sorge tragen muss, dass sich die Gäste wohlfühlen. Als sei das nicht genug an Herausforderung für einen passionierten Stinkstiefel, sind nicht nur die Gäste, sondern auch die Angestellten direkt der Hölle entsprungen. Dass Basil Fawlty eine Ehefrau hat, setzt seinem Elend dann die Krone auf.

Ich darf ohne Übertreibung sagen, dass ich wohl sämtliche Dialoge aus allen Folgen mitsprechen kann. Manche Zitate sind zeitlos. Da sagt einmal ein amerikanischer Psychiater, der als Gast in Torquay weilt und an Fawltys Eigenartigkeit verzweifelt, zu seiner Frau: „Dieser Mann bietet Stoff für einen ganzen Psychiatrie-Kongress!“ Wer hat bei diesem Worten nicht sofort einen aktuell amtierenden deutschen Gesundheitsminister vor Augen?

Wegen Irgendwas-mit-Rassismus im Giftschrank gelandet

Kein Wunder, dass Fawlty-Towers-Episoden bis in unsere Gegenwart rund um den Globus wieder und wieder gezeigt werden. Selbst das Fernsehen der DDR zeigte 1987 zehn synchronisierte Folgen. Fawlty Towers erhielt viele bedeutende TV-Auszeichnungen und wurde vom British Film Institute auf Platz 1 der Liste der besten britischen Fernsehsendungen gewählt. Allerdings im Jahr 2000 – heute sähe das vermutlich anders aus. Denn manche Folgen verschwanden in späteren Jahren wegen Irgendwas-mit-Rassismus in den Giftschränken einiger Sender.

Nun soll es laut Presseberichten eine mehrteilige Fortsetzung geben, wieder mit John Cleese als Basil Fawlty, ihm zur Seite seine leibliche Tochter Camilla, die ebenfalls schauspielert. Das klingt nach der wahnsinnigsten Idee, die jemals von Fawlty Towers inspiriert wurde. Halt, nein, der zweitwahnsinnigsten. Die wahnsinnigste brütete Anfang der 2000er Jahre RTL mit einem deutschen Adaptionsversuch aus. Diese unvergleichliche Comedy ausgerechnet in die Hände deutscher Drehbuchautoren und, als sei das nicht schlimm genug, des Darstellers Jochen Busse geraten zu lassen, das musste danebengehen. Über eine Pilotfolge kam dieses Desaster dann auch nicht hinaus.

Bei aller Liebe: Was hat sich Cleese, ein bekennender Querkopf und Feindfigur der weltweiten Wokenessvertreter, bei der Idee gedacht, noch einmal den Basil zu geben? Ich weiß, der Mann brauchte in seinem Leben mehrmals viel Geld, um quengelnde Ex-Frauen zu befriedigen. Weshalb er bei der Wahl seiner Rollen nicht immer wählerisch war. Doch Zweifel, ob die Welt wirklich eine neue Fawlty-Towers-Staffel braucht, drängen sich auf. Kann das tatsächlich gelingen? Im linken Milieu ist man sich sicher, die kommende Serie wird enttäuschen. „A reboot of the classic Seventies sitcom won’t just be a disappointment.“, schreibt ein Louis Chilton, der irgendwas mit Kultur macht, im Independant. Chilton hat zwar nicht einmal einen Vorspann oder Trailer, geschweige denn eine ganze Folge der neuen, noch gar nicht fertiggestellten Serie gesehen, weiß aber schon, dass die neue Serie „a terrible idea“ ist.

Britische Künstler gegen die PC-Zwangsjacke

Auch wenn ich mich innerlich sträube, ich fürchte, Chilton könnte sogar recht haben. Wobei meine Bedenken aus anderer Perspektive als seiner linken herrühren. Es kann für mich gar nicht unwoke genug zugehen. Und meine Sorge ist, dass es in der anstehenden neuen Serie tatsächlich nichts mehr geben wird, das auch nur im Ansatz der grandiosen Bösartigkeit des Originals nahekommen könnte. Cleese betont, die Serie werde keineswegs ein „anti-woke nightmare“. Wie schrecklich. Kein Major Gowan, vertrottelt und schwerhörig, der statt „german“ „vermin“ versteht. Keine unterbelichtete, spanische Servicekraft Manuel, dessen trotteliges Tun Basil mit dem 1a-Rassismus „You’ll have to forgive him. He is from Barcelona“ erklärt, keine gehässige, überkandidelte Gattin Sybil, die mit ihrer Frisur eine perfekte EU-Kommissionsvorsitzende verkörpern könnte und auch sonst ziemlich unausstehlich ist (Basil: „Did you ever see that film How To Murder Your Wife?“), kein schwuler Aushilfskoch, der nicht nur Alkoholiker, sondern auch noch Grieche ist (Basil: „They invented it!“).

Auch keine hübsche, BH-freie Angestellte Polly, deren Darstellerin Conny Booth damals Ehefrau von Cleese war. Keine grandiosen Nebendarsteller wie der Hotel-Kontrolleur, kein toter Gast, den es gilt, verschwinden zu lassen. Und natürlich kein junger Basil Fawlty, der in den Siebziger Jahren – als sei er zuvor Beamter im Ministerium für Verblödeten Gang gewesen – durch sein Hotel irrlichtert, treppauf, treppab, nicht zu stoppen, außer von sich selbst.

Kann das gutgehen? Hat man als Fan der alten Serie nicht ständig das Damals vor Augen? Damals konnte man schon alleine von Cleese‘ Anblick einen langanhaltenden Lachanfall bekommen. Heute ist der Mann in seinen Achtzigern und dürfte für 1 x Treppenraufundrunter eine ganze Folge brauchen. Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer weiteren Staffel sind durchaus berechtigt, aber vielleicht gelingt es Cleese ja, aus den Gebrechen des Alters ein paar schöne Gags zu schöpfen. Hauptsache, Woko Haram regt sich darüber auf.

Die Aufregung über angebliche Rassismen in der Serie, die bis hin zu Absetzungen einzelner Folgen führte, zeigt deutlich, wie hysterisch es bei den Vertretern der Wokeness tatsächlich zugeht. Niemand, der bei Verstand ist, würde die Bemerkungen des Gaga-Gastes Major Gowan – der alles andere als bei Verstand ist – über andere Kulturen als Rassismus interpretieren, niemand den Umgang Basil Fawltys mit deutschen Gästen in der berühmten „The Germans“-Folge als so gemeint verstehen – es sei denn, man hat ein lukratives Geschäftsmodell entdeckt und ist Protagonist der Empörungs-Industrie. Um so wichtiger, dass sich heutige Kulturschaffende gegen die PC-Zwangsjacke wehren; leider trauen sich das nur noch wenige. So wie – natürlich alte weiße Männer, knick knack – Cleese oder auch Rowan Atkinson, der nicht nur die sprachlose Mimik des Mister Bean, sondern auch die wortgewaltige Rede gegen die Diktatur der vermeintlich Guten beherrscht und sich auch in Interviews dezidiert gegen die heute herrschende Cancel Culture ausspricht. Von Jeremy Clarkson („Ich hinterlasse keinen ökologischen Fußabdruck. Ich erledige alles mit dem Auto.“) ganz zu schweigen.

Mein Plot für eine Fawlty-Towers-Folge

Angucken werde ich mir das auf jeden Fall – wie lange, wird sich zeigen. Vielleicht wende ich mich ja nach der ersten Folge angewidert ab. Aber vielleicht ist Fawlty Towers unkorrekter, als im Vorweg zu befürchten ist. Im Gegensatz zum Independent-Autor Chilton will ich nicht, ohne es überhaupt gesehen zu haben, den Daumen runterdrehen. Der olle Cleese könnte das durchaus packen, wenn man ihn nur lässt.  

Mein Plot für eine Fawlty-Towers-Folge sähe übrigens so aus: Jeremy Clarkson (196 cm groß) ist Gast im Hotel. Der hält – alter weißer Gentleman, der er ist – einer angereisten Person in Frauenkleidern die Türe auf, woraufhin diese ihn böse zusammenstaucht („Meinen Sie, ich könnte die Tür nicht selber öffnen?“). Clarkson strengt sich an, die Spannung aus der Luft zu nehmen und sagt den tödlichen Satz „Aber wo denken Sie hin? Ich bin halt old-school. Also bitte nach Ihnen!“, woraufhin die Dame ihm einen Tritt gegen das Schienbein verpasst, dabei aus dem Gleichgewicht gerät und die Treppe runterkegelt. Cleese (192 cm groß), vom Lärm herbeigelockt und bemüht, es allen recht zu machen, humpelt, noch immer gehandicapt von seiner früher gerne zitierten „alten Kriegsverletzung“, heran und mischt sich lautstark ein, merkt aber nicht, dass die diskriminierte Person einem anderen als dem auf den ersten Blick erkennbaren Geschlecht angehört.

In der vagen Hoffnung auf einen Flirt mit der vermeintlichen Frau (Episodentitel: „Je oller, je doller!“) stellt Cleese sich voll auf deren/dessen Seite und geht auf Clarkson („Ich bin gegen Busspuren in der Stadt. Warum sollen arme Leute schneller vorankommen als ich?“) los. Es fliegen eine Perücke (Polyester, blond mit blauen Strähnen, mittellang, den Gummibusen knapp bedeckend), eine Handtasche (Veganleder mit naturidentischen Applikationen), ein paar grüne Pumps (aus recyceltem Plastik) Größe 42 und sehr wenige echte, sehr graue Haare (Cleese, Clarkson) herum. Aus Solidarität mit dem kleinsten der drei beteiligten Männer verbrennen eilends aus Deutschland angereiste Aktivist:innen außen („Wenn Hambi und Lützi nicht bleiben dürfen, darf auch Fawlti nicht bleiben!“) vor dem Eingang des Hotels eine Palette mit Harry-Potter-Büchern, was wegen CO2 und Feinstaubemissionen innerhalb der Aktivistenszene zu einigem Streit führt und somit Stoff für eine weitere Folge bietet.

Man könnte das aber auch als letzte Episode bringen, denn danach ist das Hotel nicht mehr bewohnbar. Und eine weitere Staffel somit erledigt. Vielleicht ja gut so, vielleicht aber auch nicht.

 

Archi W. Bechlenberg, Jahrgang 1953, ist Kunsthistoriker, Maler, Grafiker und (Buch-)Autor.

Foto: Imago

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Martin Ruehle / 05.03.2023

Lieber Archi Bechlenberg, noch vor knapp zwei Wochen habe ich meiner Anvertrauten kummervoll berichtet, dass ich einen meiner absoluten Lieblingsautoren auf der Achse auf der Vermisstenliste führe. Auch die Suchfunktion des Internet Monsters half nicht weiter. Umso erfreuter waren wir heute über Ihren Artikel - und auch ein wenig ... erleichtert. Danke für Ihre wunderbaren Texte und ... lassen Sie uns bitte nicht mehr so lange darauf warten. Wir haben Sie vermisst!

Gerd Maar / 05.03.2023

Noch witziger wäre es, wenn Cleeses Vater den Nachnamen nicht geändert hätte.

Andreas Zöller / 05.03.2023

Ein Zitat aus längst vergangenen Tagen: “I think that if you use the so-called strong words you’ll get your point across faster and you can save a lot of beating around the bush. Why are people afraid of words? Sometimes the dumbest thing that gets said makes the point for you.”- Frank Zappa

Ulrich Viebahn / 05.03.2023

Vielen Dank für den Tip mit Fawlty Towers. Die Gedanken von Hr. Bechlenberg müssen alle konsequent weiterspinnen: Alles schreiben und senden, was die woken xxx intellektuell und psychisch und organisatorisch überfordert. Bis sie schwindelig werden und aufgeben.

Markus tho Pesch / 05.03.2023

Ziemlich lahm. Nichts gegen Yes Minister und das braucht keine Neuverfilmung. Top aktuell nach 40 Jahren!

Manni Meier / 05.03.2023

Eiforbibbsch, dä Archie. Wie gehdsn so? Was treibt Sie denn wieder auf Achse? Geldmangel wg. Inflation, Kampf gegen allgemeine Wokeness oder Gegengewicht zu Selensky-Verstehern. Na egal: “Don’t mention the war”, um es mit Cleese zu sagen . Jedenfalls schön von Ihnen zu lesen.

Brigitte Miller / 05.03.2023

Sehr geehrter Herr Bechlenberg: Sie haben mir heute mit Ihrem Text die ersten richtigen Lachanfälle beschert, von der “grandiosen Bösartigkeit” bis zu Ihrer Superidee für eine Fawlty-Towers-Folge, die ich auf jeden Fall anschauen würde. Mein Kompliment!

Ludwig Luhmann / 05.03.2023

Um den anständigen Rassismus nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, muss man anständig rassistisch sein!

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