Georg Etscheit / 01.05.2024 / 12:00 / Foto: Pixabay / 10 / Seite ausdrucken

Freixenet und die „Klimakrise“

Der spanische Schaumweinhersteller Freixenet ist ein Weltmarktführer. Nun macht ihm angeblich der Klimawandel einen Strich durch die Rechnung. Die geringere Erntemenge könnte aber auch schlicht die Überproduktion reduzieren.

Die spanische Antwort auf Champagner, Cava genannt, ist schwer in Mode. Und davon profitiert vor allem ein Großproduzent: der in Katalonien unweit von Barcelona ansässige Schaumweinhersteller Freixenet, der seine Abfüllungen vorzugsweise in milchig-undurchsichtigen Flaschen verkauft, sein Markenzeichen. Seit die Mehrheit an Freixenet 2018 von dem zur Oetker-Gruppe gehörenden Henkell-Konzern mit Sitz in Wiesbaden übernommen wurde, ist Freixenet/Henkell  zum Weltmarktführer in Sachen Schaumwein aufgestiegen.

Der größte Cava-Produzent ist Freixenet ohnehin, 2012 wurden erstmals mehr als 100 Millionen Flaschen verkauft, seither geht es weiter aufwärts mit einem Exportanteil von mittlerweile 80 Prozent. Im Geschäftsjahr 2023 verzeichnete Henkell/Freixenet einen Rekordumsatz, allein die Marke Freixenet legte um vier Prozent zu, nicht zuletzt dank aggressiver, erotisch aufgeladener Werbung, die in der Branche Kultstatus genießt. 

Doch trotz Rekordabsatz und Umsatz-Höhenflügen verbreiteten die Medien jüngst unheilvolle Meldungen aus Cava-Land. Freixenet sei gezwungen, fast 80 Prozent seiner Belegschaft vorübergehend zu entlassen respektive in Kurzarbeit zu schicken. Grund: die Klimakrise. Teile der Iberischen Halbinsel litten unter der schwersten Trockenperiode „seit mutmaßlich 1200 Jahren“. In Katalonien, der Heimatregion von Freixenet, herrsche die schlimmste Dürre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Speziell in der Weinbauregion Penedès, aus der Freixenet einen großen Teil seines Traubenmaterials beziehe, seien 2023 nur etwa halb so viele Trauben geerntet worden wie in einem „durchschnittlichen Jahr“.

Penedès zählt mit 27.500 Hektar Rebfläche zu den kleineren Weinbaugebieten Spaniens. Das wohl bekannteste spanische Weinbaugebiet Rioja am Oberlauf des Ebro kommt schon auf 60.000 Hektar, ganz zu schweigen von der Region La Manche, die mit 190.000 Hektar sogar als größte Weinbaudestination der Welt gilt. Hier herrscht, anders als im mediterranen Penedès, ein Steppenklima mit extrem wenig Regen. Trotzdem spielt der Weinbau eine überragende Rolle.

Schon vor den jüngsten Ernteeinbrüchen schlichtweg übernutzt?

Vor der Reblausinvasion Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Penedès vor allem robuste, oft gespritete Weine produziert. Dabei wird dem gärenden oder vergorenen Most Alkohol in Form von Weingeist oder anderen Destillaten zugeführt, um ihn im heißen Klima Südeuropas haltbarer zu machen oder um die Gärung künstlich abzustoppen und dem Wein eine höhere Restsüße zu bewahren – wie bei dem köstlichen Süßwein Banyuls, der heute noch an der französisch-spanischen Grenze in der AOC (Appellation d’origine controlée) Banyuls hergestellt wird.

Im Zuge der Reblauskatastrophe wurden in Penedès vermehrt Weißweinsorten angepflanzt, aus denen man Schaumweine nach der „Méthode Champenoise“ kelterte. Die Bezeichnung Cava ist jüngeren Datums und dem EU-Beitritt Spaniens geschuldet. Frankreich zwang damals das Nachbarland, seine bis dato „Xampàn“ oder spanisch „Champána“ genannten Schaumweine umzubenennen. Cava wird aus den Sorten MalbecoXarel·lo und Perellada hergestellt. Fast 75 Prozent der in aller Welt nachgefragten Cavas kommen bis heute aus dem kleinen Penedès, wobei auch in anderen Teilen Spaniens Cava produziert werden darf, solange sich die Kellereien an bestimmte Richtlinien halten.

Neben industriell aufgestellten Großproduzenten wie Freixenet und Codorníu gibt es Hunderte weiterer Cava-Kellereien in Katalonien. Zentrum der Cava-Produktion ist der auf einem Kreidefelsen erbaute Ort Sant Sadurni d’Anoia nahe Barcelona, in den riesige Reifekeller für Hunderttausende von Flaschen geschlagen wurden. Mit mehr als 200 Millionen Flaschen ist Spanien nach Frankreich der zweitwichtigste Herkunftsmarkt für Qualitätsschaumwein weltweit. 

Die Frage ist nun, ob die Ressourcen an den für Cava (spanisch für „unterirdische Keller“) zugelassenen Trauben in Penedès nicht schon vor den jüngsten Ernteeinbrüchen schlichtweg übernutzt waren. In der Tat hatte Spanien 2023 eine der kleinsten Ernten der vergangenen Jahre zu verzeichnen, wobei „klein“ bei der enormen Gesamtmenge von 33 Millionen Hektolitern immer noch ziemlich viel ist. Besonders markant fiel der Rückgang mit 30 Prozent in Katalonien aus, noch drastischer in Penedès mit fast 50 Prozent.

Trotzdem sieht das Wein- und Gourmetmagazin „Falstaff“ keinen Grund zur Beunruhigung. „Die geringere Ernte könnte für Spaniens Weinwirtschaft vorteilhaft sein, um die Überproduktion zu reduzieren, die durch Inflation, eine gute Vorjahresernte und gefüllte Lager nach der Pandemie entstand. Insbesondere bei spanischen Rotweinen könnte sich der Angebotsdruck verringern.“ 

Füllstände der Wasserspeicher über dem zehnjährigen Mittel

Werfen wir einen Blick auf die spanischen Wasserressourcen. Hierzulande meinen viele Menschen, verunsichert durch die ständigen Katastrophenmeldungen von der Klimafront, dass sich mehr oder weniger ganz Spanien unwiderruflich zu einer Wüstenregion entwickele. Das Bild, das sich in Wahrheit bietet, ist ein anderes: Die Füllstände sämtlicher spanischer Wasserspeicher beliefen sich zum 22. April 2024 auf 66,64 Prozent, was über dem zehnjährigen Mittel liegt, wobei die entsprechenden Karten nach Provinzen Estado de los embalses por Provincias ein für Spanien übliches West-Ost-Gefälle aufweisen. 

Im Westen und Nordwesten nahe des Atlantiks, an der Grenze zu Portugal sowie in der Mitte des Landes sind die Speicher zwischen siebzig und hundert Prozent – sogar in der Hauptstadtregion Madrid auf der regenarmen kastilischen Hochebene zu fast 90 Prozent. Rekordtrockenheit? Und in der Provinz Sevilla, der heißesten und trockensten Region Europas, liegt der Füllstand bei immerhin 64 Prozent. Hier hatte es vor Ostern so stark geregnet, dass viele der traditionellen Karfreitagsumzüge abgesagt werden mussten.

Das Bild wandelt sich, je näher man der Mittelmeerküste kommt. Hier sind die Wasserspeicher oft nur zu einem Viertel gefüllt, in der Provinz Barcelona sogar nur zu 13 Prozent. Allerdings fällt auf, dass die direkt an Barcelona angrenzende Provinz Tarragona einen Füllstand ihrer Wasserspeicher von fast 82 (!) Prozent aufweist. Schlusslicht ist die Provinz Almeria mit gerade einmal neun Prozent. Wobei dieser Wert insofern zu denken gibt, als Almeria bekannt ist für seine großflächigen, oft mit Plastikplanen bedeckten und enorm wasserintensiven Plantagen, aus denen halb Europa mit Obst und Gemüse versorgt wird. 

Keine Sorge um den Cava-Nachschub aus Spanien

Die derzeitige Wasserknappheit an Teilen der spanischen Mittelmeerküste könnte also auch oder überwiegend Folge einer Übernutzung von Wasserressourcen sein. Auch die boomende Großstadt Barcelona inklusive der alljährlich von Millionen Touristen frequentierten Costa Brava und Costa Dorada ist ein gigantischer Wasserverbraucher. Vielleicht bleibt eben einfach nicht mehr genug vom „kostbaren Nass“ übrig, um in periodisch auftretenden Dürreperioden beispielsweise auch die Weingärten von Penedès zu bewässern – was in Südeuropa nicht ungewöhnlich ist. Doch einfacher als nachhaltige politische Initiativen zu einer besseren Verteilung der Wasserressourcen oder der Erschließung neuer Quellen etwa mit dem Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen scheint allemal der Verweis auf den Klimawandel. 

Dass der Cava-Nachschub aus Spanien irgendwann versiegen könnte, ist indes nicht zu befürchten. Zum einen hat es in diesem Frühling in Südeuropa vergleichsweise viel geregnet, auch in Südfrankreich dürften die Zeiten der größten Dürre erst einmal ausgestanden sein. Zum anderen will Freixenet künftig vermehrt Traubenmaterial aus ganz Spanien nutzen, um seine Rohstoffbasis zu vergrößern. So soll die gesamte Freixenet-Carta-Linie durch die neue Linie „Cuvée de Espagna“ abgelöst werden. „Geschmacklich soll sie den Carta-Schaumweine stark ähneln“, heißt es, „es wird jedoch auf Trauben aus anderen Teilen Spaniens ausgewichen“. Außerdem sollen bislang gültige Qualitätskriterien aufgeweicht werden. Bisher wurden die Trauben für Cava nur zu 67 Prozent ausgepresst, in Zukunft sollen 74 Prozent zulässig sein. Für den Cava-Regulierungsrat laut taz kein Problem: Beim italienischen Prosecco seien sogar 75 Prozent zulässig. 

Da kommt die „Klimakrise“ vielleicht gerade recht, um zu bemänteln, dass der hochgepriesene Cava aus dem Hause Freixenet mehr denn je ein durch geschicktes Marketing aufgeplustertes Massenprodukt ist? 

Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mitgegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

G. Brugger / 01.05.2024

Die Nummer mit dem Klima ist der genialste Schwindel, seitdem der erste Gauner seinen Mitmenschen erzählte, es gebe ein höheres Wesen und er sei dessen Vertreter, dem alle folgen müssten, damit sie im Diesseits und erst recht im Jenseits auf der richtigen Seite stehen. Das funktioniert heute so gut wie seit Tausenden von Jahren. Und wird so lange funktionieren, so lange es Simpel gibt. Also bis zum Ende der Menschheit.

Irene Luh / 01.05.2024

Interessanter Beitrag, vielen Dank an den Autor und an ACHGUT. ++ Ich habe mal gelesen, noch nicht lange her, daß Katalonien in Portugal angefragt haben soll. Im südlichen Teil Portugals, nicht unweit von Spanien, soll ein riesiger See und/oder Staudamm erbaut worden sein, auch mit damaligen EU-Geldern. Die Idee soll darin bestanden haben, Teile dieses Wassers dann, per Rohrleitung, die dann noch gebaut werden müßte, nach Katalonien zu verfrachten. Als Grund wurde chronischer Wassermangel in Katalonien angegeben. Die Idee soll dann von den portugiesischen Behörden verworfen worden sein. Wie schnell, die Antwort kam, das weiß ich nicht. Die Linken in Portugal sind auch nicht helle im Kopf. ++ Das ist mein Kenntnisstand. ++ Das ist verrückt, denn die port. Landwirtschaft, nicht nur, ist auch sehr auf dieses Wasser angewiesen. ++ Wären die spanischen Linken nicht so verblödet, unfähig, dann würden die den Vorschlag des Kommentators @a.ziegler in Betracht ziehen. Oder eine kleine Touristensteuer erheben, um das Projekt zu finanzieren. Sich zumindest in diese Richtung bewegen. Mit dem Mittelmeer vor der Tür. Irre. Die Israelis bspw. könnten, würden da sehr gerne weiterhelfen. Die haben das diesbezügliche kostbare Fachwissen (Knowhow) dazu, ohne den geringsten Zweifel. ++ Jedoch legt man dort in Katalonien wert auf einen mehr als fragwürdigen Stil: man ist lieber dumm als klug.

Jürgen Fischer / 01.05.2024

Soll’n nich so viel saufen, dann reicht der Schaumwein wieder für alle ;-)

Heiko Engel / 01.05.2024

Konsequent ALLE Produkte und Unternehmen von der persönlichen Einkaufsliste streichen, die diese geistlose Faschistenagenda mittragen. Und die westdeutschen Unternehmen und Konzerne sind in Sachen Agenda ganz weit vorne - wie sie zu allen furchtbaren Zeiten in diesem Land immer in der ersten Reihe waren - und nun selbstverständlich wieder dabei sind. Also nichts mehr von denen kaufen. Und es sind derer reichlich, die auf uns als Kunden verzichten können. Ich habe nach über 40 Jahren Volkswagen gestrichen. Dort geistert allzu offensichtlich der Geist des Gründers durch Gänge und Hallen. An der Kasse funktioniert unser Wahlzettel durchaus noch. Sonnigen Nachmittag !

a.ziegler / 01.05.2024

Spanien wäre demnach ein idealer Standort für Kernkraftwerke um Meerwasser zu entsalzen. Es gibt immer eine technische Lösung. Darauf beruht der Erfolg unserer Zivilisation. Mit der richtigen Technik gibt es keinen Wassermangel. Die arabischen Emirate können das. Saudiarabien auch.

Gunnar Holler / 01.05.2024

Will man mit Jammern vielleicht Klimahilfen, sprich Subventionen erbetteln?

A. Ostrovsky / 01.05.2024

>>Das wohl bekannteste spanische Weinbaugebiet Rioja am Oberlauf des Ebro kommt schon auf 60.000 Hektar, ganz zu schweigen von der Region La Manche, die mit 190.000 Hektar sogar als größte Weinbaudestination der Welt gilt. Hier herrscht, anders als im mediterranen Penedès, ein Steppenklima mit extrem wenig Regen.<< ## Kann es sein, dass mit der Region La Manche in Wahrheit die zentralspanische La Mancha gemeint ist? Wenn ja, was soll da Wandel sein, egal ob Klima oder was. Da ist seit jeher Steppe und wenn dort tatsächlich Wein angebaut wird, aus Verzweiflung, dann muss man künstlich bewässern. Dann können allenfalls die Pumpen durchgebrannt sein, weil die Spannungsregelung an den Solarfarmen versagt hat, aber was soll da das Gerede vom Klimawandel? Vielleicht haben auch die künstlich herangekarrten Touristen zu viel gebadet, wer weiß. Aber so einen Quatsch dem Klimawandel unterzuschieben zeigt doch nur, dass neue EU-Subventionen geplant sind, um die Verluste derer, die die Natur überlisten wollten und nicht konnten, zu mildern. Hilfeee, das Klima macht nicht, was wir wollen!! Da muss einfach mal die NATO, statt im Ahrtal zu trainieren über Kastilien die Wolken impfen. Was? Gar keine Wolken dort. Impfen kann man trotzdem! Impfen, impfen impfen! Ja, und unter der Ostsee?

Dr. Joachim Lucas / 01.05.2024

Früher wars der liebe Gott, der uns Menschen für unsere Sünden bestraft hat. Da klingelte es dann wieder gut im Beutel der Kirche. Heute haben wir den Klimawandel samt Klimakirche erfunden. Da klingelt es dann eben auch. Gegen diesen Schmuglauben der Leute von heute waren die damals ja regelrecht aufgeklärt. Bald ist der Klimawandel sogar schuld, wenn die Milch sauer geworden ist oder das Fahrrad, klar, wegen der Erderhitzung einen Platten hat. Man kann diese Dauerlüge nicht mehr hören.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com