Kolja Zydatiss / 04.04.2024 / 16:00 / Foto: U.S. Department of State / 30 / Seite ausdrucken

Israel steht allein da

Die Solidarität mit Israel nach dem schlimmsten Terroranschlag seiner Geschichte hat sich verflüchtigt. Berlin hat für den jüdischen Staat nur noch weltfremde Forderungen und Belehrungen übrig.

Vor meinem örtlichen Rathaus in Berlin-Tempelhof ist noch die Israelflagge gehisst. Doch von der demonstrativen Solidarität offizieller deutscher Stellen mit dem jüdischen Staat unmittelbar nach dem Oktober-Pogrom der Hamas ist sechs Monate später kaum noch etwas übrig geblieben.

Die Bundesrepublik hat sich einem gemeinsamen Appell der 27 EU-Mitgliedstaaten angeschlossen, in dem Israel aufgefordert wird, keine Bodenoffensive in Rafah zu beginnen. Dies ungeachtet der Tatsache, dass die Stadt der Rückzugsort der Hamas-Führung und ihrer letzten Bataillone ist und mehr als 130 Geiseln weiterhin von der Terrororganisation festgehalten und misshandelt werden.

Annalena Baerbock fliegt nach Nahost und besucht zuerst den Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas und arabische Staaten. Israel kommt später dran. In Ramallah hält die Bundesaußenministerin lächelnd die Hand des Holocaustleugners Abbas, fordert die israelische Regierung auf, aus dem „Drehbuch des Terrors auszubrechen“ und sagt: „Natürlich sind meine Gedanken bei den Geiseln und erst recht bei den Menschen, die in Gaza leben, den zwei Millionen Palästinensern.“ Auch ohne diesen unsäglichen Satz wären die Prioritäten der Bundesregierung deutlich geworden.

Israel soll verwundbarer für weitere Pogrome werden

Deutschland hat seine Zahlungen an das Palästinenserhilfswerk UNRWA wieder aufgenommen, obwohl mindestens zwölf Mitarbeiter der UN-Organisation am Hamas-Terrorangriff am 7. Oktober beteiligt waren und einem Bericht des Wall Street Journals zufolge rund zehn Prozent aller UNRWA-Mitarbeiter im Gazastreifen Verbindungen zu den Terrororganisationen Hamas oder Islamischer Jihad haben. Für das schlimmste Massaker an Juden seit der Shoah sollen die Palästinenser mit einer Zweistaatenlösung belohnt werden, so die offizielle Linie Berlins.

Der Antisemitismusbeauftragte von Baden-Württemberg, Michael Blume (CDU), fordert indessen den israelischen Premier Benjamin Netanjahu in Anspielung auf die berühmte Berliner Rede von Ronald Reagan auf, die Mauer um das Westjordanland niederzureißen, Israel also verwundbarer für weitere antijüdische Pogrome und Terroranschläge zu machen. Blume darf man übrigens laut einem Urteil der Pressekammer des Hamburger Landgerichts aus dem Jahr 2023 einen Antisemiten nennen, weil es dafür „hinreichende Anknüpfungstatsachen“ gebe.

In den letzten Wochen ist klar geworden: Das offizielle Berlin lehnt die rechtsreligiöse Regierung in Israel inzwischen mehr oder weniger kategorisch ab. Das, obwohl die allermeisten Israelis laut Umfragen den harten Kurs im Gazastreifen befürworten. Obwohl validen Umfragen zufolge rund 70 Prozent der Palästinenser die Hamas unterstützen. Obwohl die Hamas angekündigt hat, immer wieder mit Massakern wie am 7. Oktober zuschlagen zu wollen, bis das frühere Mandatsgebiet Palästina judenrein ist. Obwohl das israelische Militär im Gazastreifen die Verhältnismäßigkeit zu wahren sucht.

Obwohl es nach Einschätzung des US-Militärexperten John Spencer sogar eine weltweit beispiellos humane Form der Kriegführung in dicht besiedelten städtischen Gebieten praktiziert, indem es die Zivilbevölkerung im Voraus vor Angriffen warnt und andere Maßnahmen zu deren Schutz trifft. Obwohl Israel nicht nur im Gazastreifen, sondern auch an den anderen De-facto-Fronten Westjordanland und Libanon mörderische Islamistengruppen in Schach halten muss. Obwohl die alte Doktrin, dass die Israelis es sich nicht leisten können, auch nur einen einzigen Krieg zu verlieren, wenn sie nicht Opfer eines Völkermordes werden wollen, nichts von ihrer Gültigkeit verloren hat.

Weltfremde Forderungen aus Berlin und Washington

Auch die Haltung der US-Regierung kann nicht mehr, wie noch vor einigen Monaten, als eine grundsätzliche Solidarität mit Israel bezeichnet werden. Wohl auf Druck des „woken“, „dekolonialistisch“ denkenden Flügels der Demokraten nennt die Biden-Regierung die bevorstehende Bodenoffensive in Rafah eine „rote Linie“ und distanziert sich zunehmend von Netanjahu. Ein offener Bruch scheint immer wahrscheinlicher.

Zu den weltfremden Forderungen aus Berlin und Washington gesellen sich die Machenschaften von offen israelfeindlichen Regierungen wie Belgien und Irland, die Israel die letzten Verbindungen zur westlichen Welt abschneiden wollen und eine regelrechte Hetzkampagne gegen den jüdischen Staat führen – sehr zur Freude von allerlei identitätspolitischen Aktivisten, islamischen Lobbys und Dritte-Welt-Liebhabern.

Kein Wunder also, dass Variationen der altbekannten antisemitischen Täter-Opfer-Umkehr fast überall im Westen auf dem Vormarsch sind: Die Juden sind schuld. Die einzige funktionierende Demokratie im Nahen Osten ist so allein wie schon lange nicht mehr.

 

Kolja Zydatiss ist ehrenamtlicher Redakteur beim Magazin Novo, wo dieser Beitrag zuerst erschien, und gesellschaftspolitischer Sprecher des liberalen Debatteninstituts Freiblickinstitut. Er lebt in Berlin.

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Leserpost

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W. Renner / 04.04.2024

Der antisemitische Teleprompter Obama, hat wohl mal wieder zugeschlagen und die letzte verbleibende Hirnzelle des debilen im Greisen Haus vernichtet.

Dietrich Herrmann / 04.04.2024

Die USA kritisieren Israel scharf und verlangen mehr Schutz für die Zivilisten im Gazastreifen.  Frage: Wie haben die USA die Zivilbevölkerung im Korea-, Vietnam-, Irak- und Afghanistankrieg geschützt???

Helmut Kassner / 04.04.2024

Also das ist doch nichts Neues, es findet sich noch immer ein Grund Israel, die Juden in den „Senkel“ zu stellen. Und die deutschen Administrationen/Regierungen/ Parteien sind da auch sehr erfinderisch. Aber das alles hat natürlich nichts mit Antisemitismus zu tun.

Andreas Wolpert / 04.04.2024

Mein Bekanntenkreis mag nicht unbedingt Repräsentativ sein, aber hier gibt es niemand der nicht an der Seite Israels stehen würde. Nur weil in der Regierung anscheinend eine antisemitische Häufung zu finden ist, repräsentiert das meiner Meinung nach nicht die Bevölkerung. Es ist eher so das um so Antisemitischer und Rechtsextremistischer die Regierung wird, um so Israelfreundlicher wird die Bevölkerung.

Mathias Rudek / 04.04.2024

Mein Gott ist das bitter, mich kotzt das nur an. “Ich kann garnicht so viel fressen ...” Gott hab’ ihn selig den großartigen Liebermann. Was für eine deutsche verlogene Mischpoke, im jiddischen ist dieser Begriff noch harmlos. Die UN kann ich eh nicht ernst nehmen, aber Deutschland widert mich nur an. Was für Schaumschläger, was für gefährliche Amateure. Das geistige Kalifen ist hier längst vorbereitet, aber nicht mit mir.

Elias Schwarz / 04.04.2024

Aber von den Gaza-Autoritäten zu verklangen, einfach alle Geiseln zu befreien und das ohne wenn und aber, sonst kein Geld und keine Hilfen - an die Idee kommt wohl kaum jemand?

Hermann Göring (Klarname) / 04.04.2024

Antisemitismus? Die meisten Menschen wissen nicht einmal die Bedeutung dieses Wortes. Deswegen interessiert es die Masse nicht einmal ansatzweise, wenn darüber palavert wird. Mit oder ohne links und rechts. Sie haben dazu keinen Bezug. - Israel hat ein Problem, welches es sich vor seiner Wiedergeburt selbst geschaffen hat. Sie haben ein Territorium “erobert” und anfänglich und vielfach die “Ureinwohner” mit Terror, Mord und Diebstahl vertrieben. - Natürlich stimmt das alles nicht, oder nicht wirklich, oder ist relativ zu betrachten. Hören wir zumindest heute. - Doch egal ob berechtigt oder unberechtigt, dieser Konflikt muss sich immer an dieser Landnahme, dieser Schuld messen lassen. - Es ist also kein Problem nur der Israelis, es ist auch kein Problem nur der Palästinenser, wie immer so gern expertisiert wird.  Das eigentliche Problem ist die Inbesitznahme der Deutungshoheit durch den demokratisierten Westen, der sich der Seite der Israelis verpflichtet sieht und die Parteilichkeit des Islams, stellvertretend, Palästina zumindest moralisch zur Seite stehend. Der Jahrzehnte währende Krieg ist ein ständiges Verlangen nach Blutrache im Rausch des eigenen Maßstabes, auf alle Fälle das Recht auf seiner Seite zu haben, wenn es gilt dem Anderen berechtigt Schaden zufügen zu dürfen. Und nicht zu vergessen, viele der Gläubigen leben immer noch im Sinne von Kreuzzügen. - So werden wir den Krieg im Gaza, den Krieg gegen Palästina nie beenden können. Oder dieser vielleicht gar nicht beendet werden soll. Ähnlich wie dem Krieg in der Ukraine, der nicht enden soll, weil der Westen seiner eigenen, wie immer auch gearteten Deutungshoheit nach, das Recht absolut auf seiner Seite sieht und auch darauf besteht recht zu haben. Koste es was es wolle. Die paar Ukrainer und Russen die dabei draufgehen. Nicht unser Problem. Und ob Israelis Zielscheibe des Todes sind oder Palästinenser. Wen juckts wirklich? Wenn die Weltgemeinschaft zusammenhalten würde, wären beide Kriege morgen tot.

Yehudit de Toledo Gruber / 04.04.2024

Ja, so ist es, man weiß es schon länger, in welchem heuchlerischen Land man lebt. Und nochmals zur Erinnerung: Es gibt k e i n e “Palästinenser”. Sie sind eine Erfindung. Folgerichtig und G´tt behüte gibt es auch (noch) keinen “palästinensischen”  Staat! Diesen im Biblischen Kernland Judäa und Samaria mit aller Macht durchsetzen zu wollen - gegen den Willen Israels - ist an sich schon eine unerträgliche, ungeheuerliche Frechheit. Die Überschrift der ersten Seite unserer aktuellen “Jüdischen Rundschau” lautet : Besuch in Israel - Kanzler Scholz solidarisiert sich mit dem Tätervolk in Gaza. Und was die unsägliche Außenministerin Baerbock anbelangt, hoffe ich, es noch erleben zu dürfen, welche vernichtende Urteile man später über sie fällt. Leider wirkt auch schon der Zersetzungsmechanismus unter den Israelis. Wie geplant seitens der Hamas. Die verschleppten Geiseln werden als Druckmittel benutzt auf beiden Seiten. Die Situation ist außerordentlich gefährlich. Ich hoffe und bete, daß sich die IDF siegreich behaupten kann .

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