Ohne jede demokratische Legitimität

Nach den Wahlen zum Europäischen „Parlament“ folgt das Personalgeschacher. Die EU zeigt hier, was für eine antidemokratische Veranstaltung sie ist. Darüber hinaus ist sie strukturell auch nicht dazu ausgelegt, ihren Bürgern Partizipation zu bieten, die sich in ihren Institutionen manifestiert.

Dass die Wahlen zum Europäischen Parlament nicht demokratisch sind, lässt sich bereits aus der mangelnden Repräsentativität der Abgeordneten ablesen. Deshalb hatte das Bundesverfassungsgericht stets betont, dass die Bildung einer „europäischen Regierung“ aus dem Europäischen Parlament heraus keine demokratische Legitimation hätte. Doch hierüber gibt es genauso wenig eine Diskussion wie über die institutionelle Gefahrenlage innerhalb der EU: Deren Organe treten in Funktionen in Erscheinung, die ihnen nicht zustehen, weil sie vom Wähler nicht mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet worden sind. In dieser Gemengelage erscheinen:

  • Die Europäische Kommission, die – nicht gewählt – dennoch als der wesentliche Gesetzgeber auftritt.
  • Der Europäische Rat, obschon offiziell auch Gesetzgeber, nie wirklicher legislativer Initiator.
  • Der Europäische Gerichtshof, der wie ein juristisches Politbüro alle Streitfragen Zweifel zugunsten des Gemeinschaftsrechtes zugunsten der Europäischen Kommission entscheidet.
  • Der Europäische Rechnungshof, der auch bei großen skandalumwitterten Transaktionen (Impfkauf, NGEU-Anleihe) sich mit Berichten schmückt.
  • Schließlich für Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie für Regionalpolitik – zwei EU-Kröpfe – die als Beschäftigungsgesellschaften für ausrangierte Politiker dienen.

Trotz des vielen Geldes, das der europäische Steuerzahler für diese Strukturen vorhalten muss, ist es der Europäischen Kommission, im Verbund mit dem Europäischen Parlament – das ein Riesenbudget für Kommunikation zur Verfügung hat – bis heute nicht gelungen, den Bürgern plausibel zu machen, es ginge tatsächlich mehr oder weniger um Europa. Stattdessen gerät, wer dieses Brüsseler System infrage stellt, unter das Damoklesschwert des Generalverdachts, er sei nicht nur euroskeptisch, sondern geradezu ein Europafeind.

Europabesoffenheit

Eine Organisation wie die EU, die einerseits glaubt, ihr Strukturproblem durch Aufblähung kompensieren zu können, indem sie nun allen Ernstes gedenkt, Moldawien, Georgien, alle westlichen Balkanländer und die Ukraine zusätzlich aufzunehmen, hat anscheinend ihre Selbststeuerungsfähigkeit im imperialen Stereotyp verloren. Ein funktionierendes demokratisches Gemeinwesen würde hierfür kein Plazet erteilen, weil die Bürger und Bürgerinnen auf den nationalen, demokratischen Foren Fragen stellen würden, ja müssten. Sie könnten Kritik äußern und wären in der Lage, derartige Megaprojekte wirksam zu bekämpfen. Doch die Realität sieht alles andere als Teilhabe der EU-Bürger vor. Die Wahlen zum EU-Parlament sind im Angesicht solcher Defizite Plazebo-Veranstaltungen.

Mit der Ukraine würden 32 Millionen Hektar Agrarfläche neu zur EU hinzukommen. Mit landwirtschaftlichen Betrieben, die völlig andere Strukturen haben als die bäuerlichen Betriebe in West- und Südeuropa, bringt das die EU-Agrarpolitik – immer noch der größte Budgetposten – endgültig zum Platzen. Dennoch fühlt sich die Europäische Kommission, die längst aufgehört hat, Hüterin der Verträge zu sein, sondern deren Zerstörer geworden ist, ermächtigt und legitimiert, den Erweiterungsprozess unbeirrt voranzubringen. Das Europäische Parlament folgt zahm mit derselben Europabesoffenheit wie die Kommission und ihre imperialen Vordenker.

Der Niedergang eines Systems ist meist daran zu erkennen, dass sich die Eliten und treibenden Kräfte über die Gefahren ihrer Entscheidungen nicht im Klaren sind. Eine Institution, die immer mehr Kompetenzen an sich zieht, immer mehr Steuergelder verschwenderisch für sich in Anspruch nimmt, immer mehr Umverteilung betreibt und Länder wie Polen beispielsweise mit dreistelligen Milliarden-Schecks ködert, um sie auf Linie zu bringen, hat sich als eine Union, die für die Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit steht, disqualifiziert.

Die Feinde Europas sitzen in Brüssel

In keiner Institution des Westens geht es so undemokratisch und wenig rechtstaatlich zu wie in der Europäischen Union. Teil des Problems: Es handelt sich in Brüssel um eine französische Verwaltung. Alles ist im Unklaren, nichts folgt einem kompetenziell vorgesehenen Prozedere, Kompetenzen und Richtlinien werden missachtet. Den Nationalbevölkerungen wird erklärt, wer solches in Zweifel ziehe oder auch nur verbessern wolle, der sei gegen Europa.

Die eigentlichen Feinde Europas sitzen in Brüssel selbst. Es ist jene Oligarchie von selbsternannten Europaverwaltern, die ein Imperium ohne Abstimmung gründen wollen. Ein Imperium, in dem nur sie schalten und walten können und in dem die Bürger und Bürgerinnen der Nationen nur noch Zuschauer sind.

Die Europäische Union steht an einer Weggabelung. Ich hoffe, dass sich die Völker Europas darüber im Klaren sind.

 

Dr. jur. Markus C. Kerber ist Professor für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Berlin. Er gründete das Institut für Verteidigungstechnologie, Militärökonomik und Geopolitik (www.ivsg.de) und den Thinktank Europolis.

Der Verfasser ist Autor der Schrift „Führung und Verantwortung: Das Strategiedefizit Deutschlands und seine Überwindung“, die hier im Achgut-Shop erworben werden kann.

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Leserpost

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Alexander Seiffert / 28.06.2024

Demokratisch nicht legitimiert, weil ja die Bürger auch gar nicht mitmachen bei einem System, dass ihnen aufgezwungen wurde. Die Wahlbeteiligung an EU-Wahlen ist konstant die niedrigste in jedem Mitgliedsstaat, außer sie eignet sich dafür, den heimischen Parteien einen Denkzettel zu verpassen. Sie ist so niedrig, dass die Teilnahme an der EU-Wahl in manchen Mitgliedsstaaten für die Bürger per Gesetz verpflichtend wurde. Würde aber überhaupt das Ziel bestehen, demokratisch legitimiert zu sein, hätte man damit anfangen müssen, die Bürger der Staaten danach zu fragen, ob sie überhaupt Mitglied sein wollen – und welche Form diese Union eigentlich annehmen soll. Wir wissen alle, wie diese Wahl ausfallen würde.  Niemand will diesen Supranationalen Grauzonenrechtsstaat

E. Sommer / 28.06.2024

Daumen hoch für diesen Artikel. Ich kann es zwar nicht so in Worte fassen, aber ich klar derselben Meinung wie Herr Kerber. Deshalb auch immer wieder meine Aufforderung, die EU zu einer Wirtschaftsgemeinschaft rückzubauen.

Silas Loy / 28.06.2024

Die Briten wussten schon, was sie taten. Und natürlich hat das seinen Preis. Aber Nichtstun hat auch einen. Mal sehen, wer am Ende besser dasteht.

j. heini / 28.06.2024

Hans Bendix: Es wäre schön, wenn es so einfach wäre. Demokratiedefizite der EU…daß man durch deren Behebung die Fortentwicklung zu einem Bundesstaat betreibt. Diese Fortentwicklung wird m. E. betrieben, auch ohne die Demokratiedefizite zu beheben. Sie werden sogar noch verstärkt, indem legitime Macht an Organisationen wie die wHO abgegeben wird. Macht zurück an die eigentlichen Inhaber der Macht? Das wäre die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips. Das wird m. E. nicht geschehen. Weder in D noch in der EU.

Bärbel Witzel / 28.06.2024

So berichtete auf der Facebookseite DieBasis-Partei: Billionen-Dollar-Rohstoffe: Die verborgene Agenda im Ukraine-Konflikt. Michael Aggelidis, stv. Vorsitzender von DieBasis NRW, enthüllt die wahren Hintergründe des Ukraine-Konflikts. Laut CDU-Politiker Kiesewetter und US-Senator Lindsey Graham spielen die gigantischen Lithiumvorkommen im Donbass eine zentrale Rolle. Diese Rohstoffe sind entscheidend für die Elektroauto-Industrie und den Klimaschutz. Graham spricht von 10 bis 12 Billionen Dollar, die durch westliche, vor allem amerikanische, Konzerne ausgebeutet werden sollen. Unzählige Menschen mußten in der Ukraine schon sterben, aber Menschen, das ist aus den beiden Weltkriegen bekannt, stören dort einfach nur. Was folgt, ist eine Zersetzung der GUS-Staaten, welche die Ukraine mit einschließt. Die Vertäge von Lissbon, die Ermächtungsgesetze, sind genauso undemokratisch.

Rainer Niersberger / 28.06.2024

Dieses Gebilde entwickelt sich oder besser wird genauso entwickelt, wie sich alle! derartigen Systeme entwickeln.  Das gilt fuer das politische System der Republik, fuer den ÖRR, fuer das Gesundheitssystem,  kurz fuer alle ( Sub oder Folge) systeme, deren Personal aehnlich bis gleich rekrutiert wird und gleich systemisch funktioniert. Kontrollen jeder Art werden relativ zuegig qua Gegenseitigkeit beseitigt. Die Interessen “verselbststaebdugen” sich peu a peu und die Gebilde entfalten, wenn man sie laesst oder ueber Bande spielt, ein Eigenleben. In diesem Fall duerfte auch noch andere ” Player” mitspielen, die qua gekaufter Vertreter ihre eigenen Interessen welcher Art auch immer durchsetzen. Die Belange der Buerger werden naturgemaess zunehmend irrelevant. Es wird nur noch kollusiv gedealed. Das Alles sind normale Prozesse, die bereits x mal beschrieben wurden und jeder, der beruflich damit zu tun hat, nur zu gut kennt. Erstaunlich genug, dass es immer wieder funktioniert und die Naiven immer wieder glauben, ” man” koennte es reformieren. Das ist und bleibt per se unmoeglich. Die Beteiligten haben daran nichts das geringste Interesse und werden von den Beteiligten der anderen Systeme unterstützt. Manus manum lavat oder do it des ist die Devise und solange der Homo so ist, wie er ist, bleibt es auch.  Der richtige und alternativlos Ansatz ist der, derartige Systeme erst gar nicht nicht zuzulassen bzw bereits rechtzeitig zu Beginn aufzuliesen. Das Interesse an derartigen Gebilde ist natuerlich riesengroßes. Leider ist von den Betroffenen wenig bis nichts zu erwarten. Sie lassen mit sich Erstaunliches anstellen, was aber psychologisch betrachtet auch nicht ueberrascht. Reset ist die Loesung und dann ein neuer, anderer Ansatz, bei dem Konzentration, Gegenseitigkeit und Selbstbedienung systemisch und strukturell ausgeschlossen werden. Kontrolleure werden ( ein) gekauft.  Natürlich waeren sehr konsequente, harte Sanktionen präventiv, hier z. B. im Fall vdL, von wem ?

Lutz Herrmann / 28.06.2024

Konnte man zu meiner Schulzeit noch auf Prüfungsfragen antworten. “Nein, Europa erfüllt nicht das sogenannte demokratische Minimum. Das müssen wir noch erstreiten.” Heute so wahr wie damals, aber mittlerweile sicherlich ein Garant für’ne schlechte Note.

Hans Bendix / 28.06.2024

Nun, es ist ein Dilemma. Entweder beklagt man die Demokratiedefizite der EU, dann muß man ehrlicherweise sagen, daß man durch deren Behebung die Fortentwicklung zu einem Bundesstaat betreibt. Oder man nimmt das Demokratiedefizit als Anlaß, nationale Souveränitätsrechte, die ohne Zustimmung nationaler Parlamente übertragen oder von Brüssel usurpiert wurden, in die nationalen Zuständigkeiten zurückzuholen und die EU zu einem Staatenbund fortzuentwickeln. - Dazwischen gibt es wohl keine dritte Möglichkeit.

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