Ansgar Neuhof / 20.06.2024 / 06:15 / Foto: Ansgar Neuhof / 63 / Seite ausdrucken

Auch Nazis „kämpften“ gegen Hass und Hetze

Nicht nur zum Kampf „gegen rechts", wie hier gestern beschrieben, sondern ebenso „gegen Hass und Hetze“ riefen einst auch die Nationalsozialisten auf. Offenbar sind diese Floskeln viel inhaltsleerer, als ihre Nutzer glauben.

Gegen Hass und Hetze – hinter dieser Parole versammeln sie sich alle. Ob Bundesregierung, Landesregierungen, Medien, Parteien und Politiker aller Couleur, Organisationen und Verbände aller Art. Ganze Gesetzespakete dagegen wurden verabschiedet, weitere Verschärfungen werden gefordert, die SPD warb im kürzlich beendeten EU-Wahlkampf mit dieser Parole. Allenthalben beklagt man Hass und Hetze und kämpft dagegen an. Wie vormals schon die Nationalsozialisten. Auch sie beklagten Hass und Hetze und kämpften dagegen. Eine doch bemerkenswerte große Einigkeit über die Jahrzehnte und Parteigrenzen hinweg. 

So titelte die Zeitung „Der Gemeinnützige“ am 28.12.1939 auf S. 3: „Deutscher Geist gegen Haß und Hetze“. Im Artikel heißt es: „Schmähungen, Haß und Hetze – das sind die Kennzeichen der politischen Weihnachtsansprachen, die in den Ländern der Westmächte gehalten worden sind. Wie ganz anders klingen dagegen die Weihnachtsbotschaften in Deutschland.

Weil der Führer Sozialist ist

Den Grund für Hass und Hetze gegen sich sahen die Nationalsozialisten in ihrem Sozialismus. Reichsredner Schreiber erklärte dies laut Sächsischer Elbzeitung vom 12.06.1940 (S. 5) wie folgt: „Die Welt haßt uns, weil der Führer Sozialist ist. Er zertrümmert Truste und Monopole, er revolutioniert die Weltwirtschaft und entthront die Allmacht des Goldes.

Doch die Nationalsozialisten sahen sich Hass und Hetze nicht nur von außen ausgesetzt, sondern auch vonseiten ihrer innenpolitischen Gegner. In einer Eloge zum 40. Geburtstag von Reichspropagandaminister Goebbels schrieb das Rheinische Volksblatt am 29.10.1937 auf der Titelseite: „Im Jahre 1925 übernimmt er zugleich die Geschäftsstelle der Partei. Täglich und stündlich kämpft er für seine Weltanschauung, gegen Haß und Hetze, und immer klarer entwickelt sich in diesen Kämpfen der Mann Dr. Joseph Goebbels und seine Rede.

Nach der Machtübernahme resümierte die Zeitung Hakenkreuzbanner am 05.03.1934 auf S. 1: „Die Feinde des deutschen Volkes prophezeiten der NSDAP, daß sie nicht imstande sein werde, die gewaltige Aufbauarbeit, die ihrer harrte, zu leisten; mit Haß und Hohn überschütteten die neue Staatsführung jene Elemente, die das Reich beherrscht und über 14 Jahre irregleitet und ausgebeutet hatten … Haß und Hetze aber prallten an dem Führer der Idee und der Leistung wirkungslos ab.“  

Einige Zeit später beschäftigte sich das Hakenkreuzbanner in der Ausgabe vom 03.11.1935 auf S. 2 mit den „Elementen“, die – so würde man es wohl heute sagen – den Staat delegitimierten, und konstatierte: „Heute stellen wir fest: Wer unsere Beamten angreift, der greift den Staat an. … Wer gegen sie hetzt, hetzt gegen das Reich. Da, wo die Grenzen von Herkommen, Stand, Beruf zur großen Gemeinschaft zusammengeschlossen sind, haben Haß und Hetze zu schweigen.

„Ganz Deutschland haßt …“ – eine Parole aus Kaisers Zeiten

Auch heute sollen „Hass und Hetze“ schweigen. Und dafür greift man auch mal gerne in die kaiserliche Mottenkiste und skandiert – wenig geistvoll – die uralte Hassparole „Ganz Deutschland haßt ...“ (wobei die Punkte zumeist mit AfD ausgefüllt werden). Nicht sonderlich kreativ diese Losung, hat man sie sich doch vom Kaiser Wilhelm abgeguckt, der sie 1908 quasi erfunden hat (zumindest ist eine frühere Verwendung nicht ersichtlich). Nur das Hassobjekt war beim Kaiser ein anderes. Das Norddeutsche Volksblatt schrieb am 14.11.1918 anlässlich seines Abgangs aus Deutschland: „Mit gepanzerter Faust wollte er dreinfahren, wenn ihm die Politik des Auslands nicht gefiel. Ganz Deutschland haßt die Engländer, sagte er vor jetzt 10 Jahren, ohne daß ihn ein Mensch in Deutschland dazu beauftragt hatte.

Konturenloser Propagandabegriff zur Meinungsdiskreditierung

Dieser kleine Ausflug in die Vergangenheit mag genügen. Das politische Beklagen von „Hass und Hetze“ – und zwar auch in genau dieser Wortkombination – ist nichts Neues. Das Begriffspaar ist ein beliebter Kampfbegriff zur Diskreditierung und Diffamierung des politischen Gegners. Damals wie heute. Er eignet sich dafür in besonderer Weise, weil er vollkommen konturenlos ist. Jede Kritik, berechtigt oder unberechtigt, maßvoll oder überspitzt, kann dem Verdikt „Hass und Hetze“ unterfallen.

Gefährlich wird es, wenn Regierung und ihnen wohlgesonnen Medien und Verbände die Kritiker der Regierung der Verbreitung von Hass und Hetze bezichtigen. Wenn die Herrschenden mit ihrem ganzen Machtapparat diesen Kampfbegriff nutzen, um Gesetze und Regelungen gegen die freie Meinungsäußerung zu schaffen. Regierungen, die den demokratischen Wettstreit anerkennen und den Willen zur Rechtsstaatlichkeit haben, benötigen einen solchen Propagandabegriff nicht. Insofern ist bezeichnend, dass er in Deutschland jahrzehntelang keine Rolle spielte, seit relativ kurzer Zeit aber wieder Verwendung findet, noch dazu in propagandistischer Dauerschleife. Deutlich mehr Geist, egal ob deutscher und sonstiger, bei Regierung und Medien bei der Verwendung dieses Kampfbegriffes wäre dringend erforderlich.

 

Ansgar NeuhofJahrgang 1969, ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit eigener Kanzlei in Berlin.

Foto: Ansgar Neuhof

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Lutz Liebezeit / 20.06.2024

Jetzt wird aus den vielen Puzzlesteinen ein richtiges braunes Kunstwerk: “Eines kann ich den Fleischessern prophezeien: Die Gesellschaft der Zukunft wird vegetarisch leben!” Allan Bullock, Eine Studie über Tyrannei. Hitler war ja kein Sozialarbeiter, sondern ein sozialer Fall, ein militanter Vegetarier und militanter Nichtraucher, hust, hust.  Hitler hat die liberale bürgerliche Ordnung gehaßt, das hat er in Wien gelernt, die zu zerstören, galt seine ganze Kraft. Steht auch bei Allan Bullock und der hat als Historiker die allerbesten Referenzen. / Die Hassgesetze haben ihren Vorläufer bei den Nazis. Jeder fühlt, daß mit den Gesetzen etwas nicht stimmt, aber keiner weiß genau, was das ist. Die blenden das “Motiv” aus. Jeder Tat wird strafrechtlich über das “Motiv” behandelt. Das waren Gesetze zum Parteienschutz und zum Schutz der Symbole des Staates.  Sowas scheint immer dann opportun, wenn plötzlich vor anderen Flaggen als den regulären staatlichen salutiert wird? “Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und “Partei” und zum Schutz der Parteiuniformen Vom 20. Dezember 1934 Artikel 1 § 1 (1) Wer vorsätzlich eine unwahre oder gröblich entstellte Behauptung tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet ist, das Wohl des Reichs oder das Ansehen der Reichsregierung oder das der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei oder ihrer Gliederungen schwer zu schädigen, wird, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwere Strafe angedroht ist, mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und, wenn er die Behauptung öffentlich aufstellt oder verbreitet, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.” / Die Verfassung ist ein Gesellschaftsvertrag und die Parteien sind Vertragspartner mit uns, dem Volk. Also ist die Nichteinhaltung des Vertrages ein Vertragsbruch und sollte wie ein Vertragsbruch behandelt werden. Jeder Teppichhändler ist ein treuerer Vertragspartner als diese Regierung!

Dr. Ralph Buitoni / 20.06.2024

@Detlef Rogge / “Die NSDAP im Kampf gegen Rechts. Rechts wohl allerdings im Sinne von Reaktion, so wie es im unseligen “Horst-Wessel-Lied“ zum Ausdruck kommt, hier nur verkürzt der aussagekräftige Passus: “…Kameraden die Rot-Front und Reaktion erschossen…“. Die reaktionären Kräfte, weitgehend solche, die das Ancien régime verkörperten, jene, die zurück wollten zur Ständegesellschaft der untergegangenen Monarchie…” - falsch Herr Genosse Rogge. Gemeint war das konservative und auch liberale Bürgertum, von denen einige zwar der Monarchie nachtrauerten, aber trotzdem an Parlamentarismus und Rechtsstaatlichkeit festhalten wollten. Nicht nur in der Cause Ukraine-Banderistan liegen Sie verlässlich daneben, bzw sympathisieren Sie mit den Runenträgern nicht zufällig. Es braucht keine Enteignund der Produktionsmittel, solange der Staat über Gesetze und Finanzamt die totale Verfügungsgewalt darüber hat. Das hat der NS gegenüber den Holzhackerkommunisten im Sowjetreich begriffen. Wird heute durch SPD und Grüne konsequent fortgeführt. Deshalb verlassen die Selbständigen in Scharen das Land oder geben auf.

Lutz Liebezeit / 20.06.2024

Die größte Angst scheint zu sein, daß die Nazis ihren Sozialistenstatus verlieren könnten, da sind immer sofort Leute da, die den schnell wiederbeleben. Das geht schon jahrelang so. Auch an dem Narrativ, daß Grüne und Sozialdemokraten keine Sozialisten sind, darf nicht gerüttelt werden. Dabei sind das extrem neoliberale Parteien. Die haben mit ihrer Politik den Bankencrash 2008 ausgelöst, mit der Absenkung der Spekulationssteuer, der Deregulierung der Börse, der Verringerung des Spitzensteuersatzes, usw. Den höchsten Steuersatz hat das mittlere Einkommen mit 48%, während Millionäre bei legal 24% liegen. Unter Kohl waren das noch 61% und bei Adenauer 96%. Die Mauer ist gebaut worden, damit das Kapital draußen bleibt, weil das sofort zum Zusammebruch des Sozialismus geführt hätte.  / Die Industriekapitäne und Finanzmagnaten finanzieren doch keine Sozialistenpartei mit der Aussicht, demnächst enteignet zu werden? Die haben Hitler finanziert, damit der die Enteignung verhindert. / Der Bankencrash war ausgelöst von einer Immobilienblase, wo alle meinten, die Besitzer können ruhig massiv Hypotheken auf die Häuser aufnehmen, weil die immer wertvoller werden. Und dann platzte der Traum. Verstaatlicht worden sind die Schulden der Banken, und gleichzeitig hat Merkel uns 560 Milliarden Euro gestohlen und den Banken geschenkt. Die müssen wir zurückzahlen! / Wir kommen aus der Negativspirale nicht raus, wenn an dem Sozialismus-Narrativ festgehalten wird. Daran haben nur die Oligarchen in Brüssel ein Interesse. Das muß man verstehen.

Ingo Minos / 20.06.2024

@Rolf Mainz Ist ja sicher auch kein Zufall, daß viele Protagonisten der Grünen und “artverwandten” Bewegungen in ihrem sorgfältig gepflegten Ahnennachweis viele veritable, hochrangige und einflussreiche Mitglieder der NSDAP und ihrer Gliederungen haben.

Ingo Minos / 20.06.2024

@Ilona Grimm Im Internet immer noch kostenlos als PDF verfügbar DAS SCHWARZE REICH, ein Anfang der neunziger Jahre erschienenes Buch, welches immer noch empfehlenswert ist. Vieles, welches als Zukünftiges beschrieben wurde, hat sich bewahrheitet. Im Hinlick auf Vergangenes ein Buch, welches umfangreich über geheime Details berichtet.

Adam West / 20.06.2024

Ich sag es immer wieder. Auch die sog. „Nazis“ waren nach eigenem Bekunden Sozialisten. Der versuchte Staatsstreich kam 20. Juli 1944 zwar viel zu spät, die Gruppe um Stauffenberg jedoch war nach heutiger Einordnung „gesichert rechtsextrem“. Wer diesen Umstand anerkennt, wird schnell verstehen warum auf dem Weg von der HJ zur FDJ nur die Hemden gewechselt werden mussten. Es war deshalb vermutlich kein Zufall, dass ausgerechnet die frühere FDJ Sekretärin für „Agitation und Propaganda“, den Kampfbegriff von „Hass und Hetze“ zusammen mit den GRÜNEN in der Bundesrepublik salonfähig gemacht hat.

Else Schrammen / 20.06.2024

Das stellt mal ein klassisches Beispiel für ein Oxymorpn dar:  Da gint es eine Partei, die offiziell, d. h. von Staats wegen -  als rechtsextremistisch bezeichnet und aus diesem Grund vom Verfassungsschutz “beobachtet” werden darf. Auch die Beschimpfung als “Nazis” ist in der öffentlichem Diskussion gang und gäbe. Die Co-Vorsitzende darf als “Nazi-Schlampe bezeichnet werden. Hass und Hetze sowie Demokratiefeindlichkit gehen selbstredend von diesen Rechten aus. Und dann müssen wir doch ttatsächlicj lesen, dass die “echten Nazis” gegen Rechts gekämpft haben? Nach heutiger Lesart also Nazis gegen Nazis`? Da muss man erst mal drauf kommen. Aber ..., da war doch damals der Name National"SOZIALISTEN”. Jawohl, ihr heutigen Linken und Antifanten, das waren EURE Brüder im Geiste, eben Sozialisten!Aloso passt auf, wem ihr das Schimpfwort “Nazi” entgegenschleudert Besser nicht den “Rechten”., das wäre dann der Widerspruch in sich!

Thomin Weller / 20.06.2024

“Westmächte” ist mein Schlüsselwort. Paul Warburg war ein vielseitiger Bankier. 1905 Die Aufnahme der M.M.Warburg & Co. in das Reichsanleihen-Konsortium. 1910 Jekyll Island meeting. 1919 Friedensvertrag von Versailles. Cum-EX aktuell. Und was die Warburg Bank und die Sparkassen nebst “Die Zeit"atlantiker gemeinsam haben, soll jeder neugierige selbst erkunden. Die Sparkassen, eher Hawala Osmani Aufbewahrung, ein halbstaatliche SPD Betrieb, dreht total durch. Jedes Konto bei denen wird umfangreich illegal ausgeforscht. Nun das hier—>>„Finanzermittlungen sind künftig auch dann möglich, wenn keine Hinweise auf Gewalt oder Hass vorliegen“, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU).”<<—Es ist ziemlich pervers das hamburger Geschichtswerkstätten sich auf Giordano Bruno berufen und gleichzeitig Antifa aktiv tätig sind. Zu jedem Stolperstein ein Antifant und eine Pfizer Spritzgülle, manchmal brennende Autos. Mit Anbindung zu Corruptiv möchte ich ebenfalls vermuten da solch “Remigration” Theaterstücke schon vor über 10 Jahren aufgeführt wurden. Die Erfolge der schlimmsten Rassisten und Kulturrelativisten, Nius “Arabische Jugendgang quält deutschen Jungen”. Kritik als Hetze deklarieren ist wohl der größte Erfolg der Populisten und schlimmsten Regierung aller meiner Zeiten.

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