Stefan Klinkigt / 22.04.2023 / 12:00 / Foto: Stefan Klinkigt / 25 / Seite ausdrucken

Waldbrandgefahr durch „Natur Natur sein lassen“

Was ist ein Nationalpark, und wie geht man mit menschlichen Eingriffen um, die im Grunde vollkommen unvermeidlich sind? Die Waldbrände des Sommers 2022 haben die gravierenden Gefahrenpotenziale offengelegt, welche durch die Festsetzung von Teilen der Sächsischen Schweiz als Nationalpark hervorgerufen wurden und werden.

Am 15. April fand eine Begehung der Waldbrandflächen statt, an der Vertreter der Bürgerinitiative Naturpark Sächsische Schweiz, Mitglieder des Stadtrates von Hohnstein und der Nationalparkverwaltung teilnahmen.

Anliegen der im letzten Jahr gegründeten Bürgerinitiative ist es, die jahrhundertelang gewachsene Kulturlandschaft zu erhalten – im Gegensatz zum derzeitigen Konzept des Nationalparks „Natur Natur sein lassen“, was allerdings nichts anderes als eine gigantische Verwilderung und Verwahrlosung der Wälder in dieser großartigen Landschaft bedeutet, in der jegliche gestalterischen Leistungen der Menschen komplett abgelehnt werden. 

Die Rechtsgrundlagen des Nationalparks Sächsische Schweiz sehen einen unberührten Naturraum vor, aus welchem der Mensch vollständig zurückgedrängt und damit touristische Nutzung ausgeschlossen ist. Das Gebiet der Sächsischen Schweiz ist allerdings eine jahrhundertealte Kulturlandschaft und war bereits bei der Umwidmung in einen Nationalpark vor über 30 Jahren keine reine, unberührte Natur mehr. Schon deshalb musste das Konzept des Nationalparks „Natur Natur sein lassen“ zwangsläufig irgendwann scheitern.

Die komplexen Problemfelder, die nun sehr deutlich zutage treten, sind unter anderem die unterlassene Waldpflege mit dem Verbleib riesiger Mengen an Totholzbeständen mit massiver Brand- und Windbruchgefahr, die dadurch erschwerten Rettungs- und Löschmaßnahmen im Brandfall sowie die Verwahrlosung oder Zerstörung von kulturellen Artefakten, Wegverbindungen und Gebäuden. 

Im Folgenden dokumentieren wir hier die Pressemitteilung der BI Naturpark vom 19.4.2023:

„Begehung mit der Nationalparkverwaltung zu den Waldbrandflächen in der Sächsischen Schweiz – Rundgang durch die Ergebnisse einer Praxis der Verluste

Am 15. April fand eine Begehung der Waldbrandflächen durch Vertreter der Bürgerinitiative und Mitglieder des Stadtrates von Hohnstein sowie der Nationalparkverwaltung statt. Bei der vierstündigen Tour durch das Schmilkaer Revier kam es zu einem intensiven Austausch aller Beteiligten, bei dem sich die Argumente diametral gegenüberstanden. 

Die Bürgerinitiative Naturpark Sächsische Schweiz kritisiert grundlegend den Versuch, die sensible Kulturlandschaft der Sächsischen Schweiz unter das Schutzkonzept eines Nationalparks zu stellen. Die flächendeckende Anwendung des Prinzips „Natur Natur sein lassen“ ist eine Praxis der Verluste. 

Die verheerenden Folgen des Nationalparkkonzepts zeigen sich nicht nur an den vier Standorten, die bei der Führung mit der Nationalparkverwaltung aufgesucht wurden. So wurde am ersten Standort das Waldbild am Hang des Wurzelweges kurz nach dem Ortsausgang von Schmilka in Richtung Großer Winterberg als Idealbild einer urwüchsigen, wilden Elbsandsteinnatur präsentiert. Bemerkenswerterweise zeigt sich hier ein Kulturwald, der bereits vor Widmung des Gebietes als Nationalpark in dieser Form bestand und nicht Ergebnis des Prinzips „Natur Natur sein lassen“ ist. In unmittelbarer Nähe zum Ort findet sich der Einfluss von Kulturleistungen und keine von Menschen unberührte Natur. Gerade diesen naturnahen Kulturwald gilt es zu verlieren, sollte weiterhin die uneingeschränkte Anwendung des Nationalparkkonzepts praktiziert werden. 

An den Kehren der Winterbergstraße gingen die Vertreter der Nationalparkverwaltung auf die Entstehung des Brandes sowie dessen Übertritt von der Böhmischen auf die Sächsische Schweiz ein und verwiesen auf die günstige Fügung der Wetterverhältnisse und die geringe flächenmäßige Ausbreitung des Waldbrandes zugunsten der sächsischen Seite. Hierbei entstand der Eindruck, dass die weiter bestehende Gefahrensituation unterschätzt wird. Spiegeln wir die abgebrannten Flächen der tschechischen Seite, hätten wir einen kompletten Verlust des Gebietes Großer Zschand zu verzeichnen. Ob die Auswirkungen weiterer Brandgeschehnisse noch drastischer ausfallen, ist für die Bürgerinitiative jedoch keine Frage von Glück oder Unglück, sondern abhängig vom Einsatz gezielter Schutzmaßnahmen, zu denen insbesondere die Reduzierung des Totholzbestandes sowie ein klimaresilienter Waldumbau zählen. Dazu gehört aber auch die Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Nationalparkkonzept angemessene Reaktionen auf derartige Herausforderungen in der Kulturlandschaft leisten kann oder ob nicht der Naturpark das ehrlichere Schutzkonzept für die Sächsische Schweiz darstellt.

Der vorletzte Standort war der Grenzweg, dessen strategische Bedeutung als entscheidender Rettungsweg während des Waldbrandes von der Nationalparkverwaltung nicht wahrgenommen wird. Die Relevanz eines ungehinderten, grenzüberschreitenden Aktionsradius für Feuerwehren und Rettungskräfte bleibt damit unbeachtet. Die Nationalparkverwaltung zeigte an diesem Standort einen Zusammenschnitt der Aufnahmen einer Wildkamera, um die scheinbar geringen Ausmaße des Brandverlaufes an dieser Stelle zu dokumentieren. Sollte damit die Dramatik des Waldbrandes relativiert werden? Für die Bürgerinitiative bleibt jeder Waldbrand ein katastrophales Ereignis, das eine immense Zerstörung der Pflanzen- und Tierwelt mit sich führt. Das Argument einer natürlichen Erholung der Brandflächen ist unbestritten, aber allein die noch unbekannten Auswirkungen beispielsweise auf Felsstrukturen und Kleinstlebewesen sind inakzeptable Kollateralschäden, die vermieden werden müssen. 

Am letzten Standort, dem Weg zur Wildnis, wurde versucht, die vermeintlich positiven Auswirkungen des Prinzips „Natur Natur sein lassen“ auf die Sächsische Schweiz aufzuzeigen. Die fragliche Auswahl eines Areals, welches aufgrund seiner Beschaffenheit nicht repräsentativ für die gesamte Sächsischen Schweiz ist, wurde mit der Begründung einer fehlenden anderen Vergleichsfläche abgewehrt. Es entsteht der Eindruck, dass die Nationalparkverwaltung hier allein mit dem Prinzip Hoffnung agiert. Welches Waldbild wir in Zukunft erhalten werden, ist noch völlig unklar. Die Wahrscheinlichkeit, dass auf den Böden ehemaliger Fichtenmonokulturen wieder hauptsächlich Fichten nachwachsen, konnte nicht widerlegt werden. 

Zusammenfassend zeigte die Begehung einmal mehr, wie verlustreich die Praxis „Natur Natur sein lassen“ für die Kulturlandschaft der Sächsischen Schweiz ist und in der Zukunft noch sein wird. Die Nationalparkverwaltung erfasst den problematischen Kern ihrer Konzeption nicht und versucht trotz massiver Verluste im Naturraum, ein positives Image des Nationalparks zu verbreiten. 

Die Problematik der Nationalparkkonzeption angesichts des enormen Ausmaßes abgestorbener Fichtenbestände, die Eventualität eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Brandintensität und einem mit Totholz angereicherten Wald wird von der Nationalparkverwaltung nicht reflektiert. Für diese haben alle Baumarten gleichermaßen gebrannt. Damit wird unterschlagen, dass die Totholzbestandteile zu einer erheblichen Intensität des Brandes geführt haben und höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit der Entstehung von Flugfeuern stehen. Die Frage, inwieweit ein 30 Meter breiter Schutzriegel um gefährdete oder gefährdende Objekte tatsächlich wirksam ist, konnten die Vertreter der Nationalparkverwaltung nicht beantworten.

Bürgerinitiative
Naturpark Sächsische Schweiz
Sprecherin Hanka Owsian“

 

Weitere Infos:

https://www.naturpark-saechsische-schweiz.de


Titelbild: 
Brandgebiet am Großen Winterberg im Bereich Fremdenweg/Lehmhübel
Fotografie © Stefan Klinkigt

 

Artikel, die wir zu dieser Thematik bereits veröffentlicht haben:

Neues vom Streit um den Nationalpark Sächsische Schweiz

Sächsische Schweiz: Der Nationalpark-Frevel

Brände in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz

Bei mir stirbt der Wald anders

„Bei mir stirbt der Wald anders“ – Nachlese

Foto: Stefan Klinkigt

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Dietmar Schubert / 22.04.2023

Nein, der Waldbrand, um den es hier geht, ist nicht durch Shishapfeifen-Raucher ausgelöst wurden, das war selbes Jahr, aber Bastei. Der hier gemeinte Brand brach auf tschechischem Gebiet, auch durch Fahrlässigkeit, aus. Erstaunlich ist, dass es 1842, also weit vor Klimawandel, an gleicher Stelle,, an gleichem Ausbruchsort, bei gleichem, heißen Sommer und mit gleicher Intensität gebrannt hat. Ist man heute im Gebiet des Großen Zschands unterwegs, darf man nicht daran denken, wenn der Wind aus anderer Richtung unterwegs gewesen wäre. Das Problem ist, die heutige Sächsische Schweiz ist seit über 200 Jahren vom Naturraum zum Kulturraum umgewandelt wurden. Es gibt nur wenige Ausnahmen, wie z.B. Felsriffe. Die Umwandlung von Kulturraum in Naturraum ist nach 30 Jahren NP Sächsische Schweiz definitiv gescheitert. Ein Kulturraum wird der Natur mehr geben, als ein Nationalpark, denn bisher hat der Nationalpark nur zur Zerstörung von Natur geführt und die Idee, es könnte noch Naturraum wieder daraus werden ist nichts weiter als Prinzip Hoffnung, dasss es gut geht. Warum sollen die Anwohner und Besucher der Sächsischen Schweiz weiter an diesem riskanten Experiment teilnehmen?

T. Merkens / 22.04.2023

Können dort wenigstens zügig zahlreiche WKA per “EU-Notfallverordnung 2022/2577” gebaut werden? “Robert Habeck setzt die Bürgerrechte und das Grundgesetz per EU-Notfallverordnung [...], für den schnellen Ausbau von Windenergie [...] für die nächsten 18 Monate aus. [...] Die Energiewende per Notstandsgesetz bedeutet, dass der Bundesminister Habeck Genehmigungen für Windräder auch ohne Prüfung des Artenschutzes und ohne Bürgerbefragung erteilen darf. Selbst in Naturschutzgebieten dürfen riesige Windräder gebaut werden.”

Sam Lowry / 22.04.2023

Letztlich ist die Sonne nicht heiß genug, einen Waldbrand zu entfachen. Und woher die Waldbrände kommen, wurde ja einmal gaaaanz kurz gemeldet. Da waren Shisha-Raucher zugegen… die Wahrscheinlichkeit, dass diese Brände durch Meteoriten oder Vulkanausbrüche entstanden sind, kann man getrost gegen Null rechnen. Ich hatte in der Forensik mal einen deutschen Zimmernachbarn, der vor der Explosion seines Korsakow-Syndroms (zuviel Alk #Habicht) wohl gerade etwas angezündet hatte und auf diesem Trip hängenblieben. Feuer war seine Leidenschaft, allerdings konnte er sich nicht mehr an Dinge erinnern, die kaum 2 Minuten vorher geschahen. So las er tagein tagaus die BLÖD, und entdeckte immer wieder Neuigkeiten. Solche Menschen gibt es auch. §63 StGB…

Gerald Schwetlik / 22.04.2023

Das Beispiel zeigt deutlich was für Vollhorste heutzutage im sogenannten Naturschutz tätig sind. Auf biegen und brechen muss ein willkürlich definierter Urzustand in ehemaligenKulturlandschaften erreicht werden. Jeder Biologie Leistungskurs Abiturient lernt, dass man Biotope nicht renaturieren kann, indem man sich einfach zurückzieht. Die ursprünglichen dynamischen Gleichgewichte kommen nicht einfach so wieder, nachdem der Mensch haufenweise Spezies ausgerottet oder eingeführt hat. Die Natur entwickelt sich nur nach vorne nie zurück. Ist ein Biotop einmal verändert, wird es nie wieder wie vor der Veränderung. Ähnlich vielleicht! Mit viel Glück! Wie gesagt, Abitur! Jedenfalls war das früher so, keine Ahnung was die Leute heute so lernen. Wenn man sich Hofreiter so anschaut, scheint die Biologie heute mehr Ideologie zu sein.

holger milde / 22.04.2023

Auf WOnline ist ein Artikel eines sinistren GRÜNjournos, der den ->Man-Eater(sic!)-Bär in Italien am liebsten wieder in Freiheit sähe. Mit den Wölfen ist es genauso. Nicht ob, sondern wann sie auch zu Man-Eater werden, weil natürliche Scheu vor Menschen haben sie anscheinend schon sehr deutlich verloren, wie diverse Vorfälle schon zeigen, bis mal wieder eines ihrer Lieblingsponys und/oder gar Kinder, sofern sie solche toxischen CO2-Emittenten haben, dran glauben werden, oder sie selbst…..Demnächst also Spaziergänge in der “Natur” nur noch in Gruppen & mit Raubtierabwehr? Die GRÜNE Rudelsekte & NGOs bestätigen so immer wieder auf vielfältige Art & Weise auch in Wirtschafts, Kultur, Innen & Sicherheitspolitik die alte Weisheit: “Lupus est homo hominis!” und die Amts & Geschäftskirchen sind diesmal auch dabei.

Wolfgang Fischer / 22.04.2023

Als begeistertem Stiegengänger ist mir die Forderung nach „Natur Natur sein zu lassen“, eine willkommene Aufforderung mal wieder die Bücher des Axel Mothes raus zu kramen, um dem natürlichen Entdeckerdrang des Menschen zu fröhnen. Geleitet von den Bildern Caspar David Friedrichs und anderen Malern seiner Zeit, bleibt die neuzeitliche Verwahrlosung dieser Landschaft festzustellen. Verursacht wurde diese nicht durch Waldbauern, Wanderer und Kletterer, sondern Linksgrünem Zeitgeist und überbezahlten Möchtegern Rangern. Das einzig gute am nächsten großen Feuer wird die Befreiung von Gestrüpp und Totholz sein.

Patrick Meiser / 22.04.2023

Man muß ja nicht immer einer Meinung sein @ Leo Hohensee, gleichwohl ist mein Kommentar weder zornig noch naiv. Gerade wir hier in Deutschland sind überreguliert (haben Sie Corona schon vergessen ?) und ein Nationalpark muß nicht aufgeräumt sein wie die Vorgärten in einem Bonzenviertel. Ihr Australien-Beispiel vermag nicht zu überzeugen, weil dort andere klimatische Verhältnisse vorherrschen als hierzulande und gerade in Küstennähe ganz andere Windverhältnisse herrschen als in der Sächsischen Schweiz. Und falls sich tatsächlich mal ein Feuer im NP von selbst entzünden sollte, dann gibt es Möglichkeiten ein Feuer zu löschen, ohne FW-Autos dort hinschicken zu müssen z.Bsp. mit Lösch- Hubschraubern u.a. Habe selbst im Ausland schon etliche Buschfeuer gesehen, da hat sich kein Mensch drum geschert. Irgendwann hat das Feuer keine Nahrung mehr und die Natur erholt sich danach. Aber wie eingangs erwähnt, man muß ja nicht immer einer Meinung sein. Und nur nebenbei bemerkt, “.........sie hegen und pflegen wo sie uns nützlich sein soll und sie begrenzen wo sie ausufert oder gar gefährlich werden kann.”, das hört sich ziemlich nach Kontrollfreak an. Sorry, davon halte ich nichts.

Tomas Wolter / 22.04.2023

Genau wie bei den großen Waldbränden in Australien 2020.  Dort bewirkte seit einigen Jahren ein Umwelt-Gesetzespaket, ,,green tape” genannt und ursprünglich gegen unerwünschte Folgen des Tagebergbaus geschaffen, dass das Unterholz im Wald nicht mehr in der kalten und feuchten Jahreszeit kontrolliert abgebrannt werden darf, wie es Tradition der Aborigines war. Der australische Waldboden bestand großenteils aus einem politisch verursachten Zunderteppich. Man wollte es aber selbstredend dem Klimawandel in die Schuhe schieben.

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