112-Peterson: Der Plan von einem erfolgreichen Leben

Wenn man sich ausschließlich auf seine Karriere konzentriert, kann man es im Beruf weit bringen. Ich würde sagen, eine bestimmte Anzahl von Menschen tut genau das, wenn auch bloß eine Minderheit. Diese Leute arbeiten 70, 80 Stunden pro Woche, sie geben Vollgas in ihrem Job. Sie riskieren alles für die geringe Wahrscheinlichkeit, einen außergewöhnlich hohen Status in einem umkämpften Bereich zu erlangen.

Das ist jedoch verdammt hart. Diese Menschen haben kein Leben. Eine Familie zu gründen wird zur Herausforderung, für Freizeit-Aktivitäten bleibt keine Zeit. Sie werden sehr eindimensional. Es ist gut möglich, dass diese Eindimensionalität der Preis dafür ist, um in einer Sache Außergewöhnliches leisten zu können. Möchte man beispielsweise ein genialer Wissenschaftler sein, heißt das, dass man den ganzen Tag im Labor sitzt. 70 oder 80 Stunden pro Woche.

Man ist intelligent, ganz seiner Arbeit verschrieben und eindimensional – die einzige Möglichkeit, alle anderen zu schlagen, die genau das gleiche tun. Es gibt keinen anderen Weg. Das Problem ist, dass man auf diese Weise kein Leben mehr hat. Wenn es nun das ist, was man über alles liebt, wenn man es schafft, sich ganz darauf zu konzentrieren, würde ich sagen: Nur zu! Man ist damit jedoch eine Seltenheit und wird dafür bezahlen.

Man sollte sich immer vor Augen halten, dass man ein riskantes Geschäft betreibt, denn man opfert eine ganze Menge. Wenn es nun um die Frage geht, ob man auf diese Weise ein gesundes Leben führt, würde ich sagen, nein. Dazu sollte man sich schon ein bisschen breiter aufstellen. Eine Familie gründen, Aktivitäten außerhalb des Berufes haben, die einem am Herzen liegen und sinnvoll sind, Freundschaften pflegen.

Perfektion vs. Ganzheitlichkeit

Allein diese drei Dinge vermitteln schon sehr viel Stabilität. Wenn eines davon wegbricht, geht nicht gleich alles den Bach runter. Der Nachteil an diesem Lebensmodell ist natürlich, dass je mehr man danach strebt, diese Balance zu optimieren, desto weniger ist es wahrscheinlich, dass man in einem Bereich fantastisch wird. Wenn man sein Leben jedoch als ganzes betrachtet, könnte dies eine gewinnbringende Strategie sein.

Carl Jung sagte einmal, dass Männer nach Perfektion und Frauen nach Ganzheitlichkeit strebten. Ihre Wertehierarchie wäre demnach also eine andere. Perfektion bedeutet, alles auf eine Karte zu setzen und nach radikalem Erfolg zu suchen. Natürlich sind nicht alle Männer so gestrickt, denn nicht alle verhalten sich so. Hier geht es jedoch um die Extreme.

Die Idee der Ganzheitlichkeit wiederum sagt sich: Ich könnte eine Sache 150 prozentig oder fünf Dinge 80 prozentig haben. Es liegt jedoch viel mehr Reichhaltigkeit in einem Leben, in dem man fünf Bereiche zu 80 Prozent ausfüllt, als nur einen zu 150 Prozent. Auch wenn das bedeutet, dass man nirgends Vollkommenheit erreicht.

Warum wollen Sie ein genialer Wissenschaftler sein?

Ich glaube, dass Jung Recht mit seiner Behauptung hat. Ich hatte die Gelegenheit, viele Jahre lang Männer und Frauen innerhalb ihrer beruflichen Laufbahn beobachten zu können. Viele Dinge sind natürlich für diese unterschiedliche Herangehensweise verantwortlich. Was mir jedoch immer wieder auffiel, ist, dass Frauen oft aus eindimensionalen Karrieren aussteigen, wenn sie sich in ihren Dreißigern befinden.

Sie kommen an den Punkt, dass sie es nicht mehr einsehen, 80 Stunden pro Woche zu arbeiten, um einen Bereich dominieren zu können. Der Grund, warum sie es nicht wollen, ist, dass sie das Gefühl entwickeln, dass es das nicht wert ist. Und das ist kein Wunder. Warum sollte das etwas wert sein? Das muss man sich schon fragen.

Warum wollen Sie ein genialer Wissenschaftler sein? Denn dazu müssen Sie auch das Leben eines genialen Wissenschaftlers führen. Schließlich steht man in ständiger Konkurrenz zu den anderen, die alle intelligent sind und hart arbeiten, daher muss man selbst intelligenter sein und härter arbeiten als er Rest. Und hart arbeiten heißt nicht nur, gewissenhaft zu arbeiten, sondern auch lang zu arbeiten.

Eigentlich eine ganz einfach Rechnung: Wenn Zwei klug sind und hart arbeiten, der eine schuftet aber 70 Stunden und der andere nur 30 Stunden pro Woche, dann wird der eine den anderen innerhalb von zwei Jahren meilenweit überholt haben.

Einer der zuverlässigsten Pfade ins Unglück

Ein anderer Aspekt, warum Männer und Frauen hier tendenziell unterschiedlich ticken, ist vermutlich, dass ein hoher sozio-ökonomischer Status Männer auf dem Heiratsmarkt interessanter macht, Frauen aber nicht.

Hinzu kommt natürlich, dass die Zeitspanne für's Kinderkriegen bei Frauen begrenzt ist und bei Männern nicht. Die können noch mit 80 behaupten, dass sie irgendwann später Kinder bekommen. Für Frauen ist es hingegen ratsam, mit spätestens 40 Kinder zu haben. Danach wird es für Frauen schwierig, ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Und das ist furchtbar. Einer der zuverlässigsten Pfade ins Unglück ist, Kinder zu wollen, aber keine zu bekommen. Das empfehle ich wirklich niemand.

Eines von drei Paaren über 30 hat heutzutage Fruchtbarkeitsprobleme, schafft es also nach einem Jahr des Probierens nicht, ein Kind zu zeugen. Es ist wichtig, sich das vor Augen zu führen, denn Kinder zu wollen, aber keine zu bekommen kann sehr, sehr unglücklich machen.

Dies ist ein Ausschnitt aus einer Vorlesung von Jordan B. Peterson. Hier geht's zum Ausschnitt und hier zur gesamten Vorlesung.

Foto: jordanbpeterson.com

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Leserpost

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Marcel Seiler / 28.10.2020

Worte der Weisheit. Danke Mr. Peterson.  –  Und hier noch etwas, das die Gendermafia nie erwähnt: “... warum Männer und Frauen hier tendenziell unterschiedlich ticken, ist vermutlich, dass ein hoher sozio-ökonomischer Status Männer auf dem Heiratsmarkt interessanter macht, Frauen aber nicht.” Das ist völlig offensichtlich, wenn man nicht beide Augen gewaltsam schließt, wie die Gendermafia es tut.

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