Gastautor / 16.04.2023 / 14:00 / Foto: Martin Kraft / 103 / Seite ausdrucken

Ein Tatort als Armutszeugnis

Von Stephan Reimertz.

Ein Drehbuch als Hetzartikel gegen die Polizei, dilettantisches Schauspielen und auftrumpfende Genderitis sind die Kennzeichen des Einstands von Corinna Harfouch (Foto) als Berliner Tatort-Kommissarin in der neuen Folge „Nichts als die Wahrheit“.

Es wäre übertrieben, Meret Becker als Stilikone zu bezeichnen. Eher ist sie so etwas wie die Mutter Courage des Zille-Milljös. Eines aber ist sie gewiss: eine Schauspielerin. Bei ihrer Nachfolgerin als Berliner Tatort-Kommissarin kann man daran seine Zweifel hegen. Corinna Harfouch hält hier gelegentlich ihr schlechtgelauntes Gesicht vor die Kamera und huscht durch das Bild. Verständlich, wenn Theaterschauspieler die im Tatort gebotenen üppigen Pfründe abgreifen und möglichst schnell wieder nach Hause gehen. Eine bekannte Darstellerin wie Harfouch hat allerdings auch eine Mitverantwortung für das Drehbuch und die Botschaft, die durch die Ausstrahlung der legendären, seit über einem halben Jahrhundert aufrechterhaltenen, Serie ins Volk gestreut wird. Ihr Auftakt als Ermittlerin Susanne Bonard an der Seite von Polizeikollege Robert Karow (Mark Waschke) im Tatort-Zweiteiler zu Ostern ist einer der größten Flops der ARD-Gemeinschaftsproduktion, die es inzwischen auf über zwölfhundert Folgen gebracht hat. Und dieser Flop hat seine Gründe: aggressive Genderitis, systematische Diffamierung der Polizei, ein Drehbuch-Durchhänger und dilettantisches Schauspielen.

Kriminalhauptkommissar Robert Karow ist mit der Untersuchung des Todes einer jungen Schutzpolizistin betraut worden. Obwohl es Hinweise darauf gibt, dass Rebecca Kästner unter Mobbing, einem Sorgerechtsstreit und Überforderung litt, hegt Karow Zweifel an der Theorie eines Selbstmordes. Und nun kommt Susanne Bonard alias Corinna Harfouch ins Spiel. Die letzte Nummer auf der Anrufliste des Handys der Toten führt zu ihr, die als  ehemalige führende Mitarbeiterin des Landeskriminalamts (LKA), nun an der Polizeiakademie unterrichtet. Das alles müsste noch nicht schlecht sein. Ist es aber dank eines Durchhänger-Drehbuchs, welches unter dem Motto operiert: Wenn eine Filmidee nicht für einen 90-Minuten-Film ausreicht, kann man immer noch einen Mehrteiler daraus machen.

Die Doppelfolge bedient sich einer stereotypen Diffamierungstechnik, wie sie für Filme im Dritten Reich oder der DDR typisch war. Kriminelle innerhalb der Polizei sind nicht besonderes, eher ein alter Hut im Kriminalfilm. Allein die „böse" Polizistin verschuldet mit ihrer – vollkommen berechtigten – Routinekontrolle den Tod eines fliehenden schwarzen Jugendlichen. Bis zu 25 Prozent der Darsteller sind schwarz, was kaum der Wirklichkeit in Deutschland entspricht. Ebenso wie im Drehbuch dilettieren die Autoren im Bereich Profiling. Zu Recht erwartet der Bürger von der Polizei eine allfällige Kontrolle von dubios oder ausländisch aussehenden Personen. Indem die Autoren mit ihrer tendenziösen, an einen Hetzfilm erinnernden Darstellung einer Polizeikontrolle als Akt von Voreingenommenheit und bösem Willen inszenieren und damit öffentlichen Druck auf die sowieso schon stark belastete Polizei ausüben, gefährden sie unser aller, auch ihre eigene Sicherheit. Profiling bei der Personenkontrolle ist weltweit polizeiliche Routine, und ideologische Kritik daran verrät die nur allzu typische weltfremde Arroganz eines bestimmten Milieus.

Wer sich über die Genderitis lustig macht, ist ein Rechtsradikaler

Besonders typisch für den Film ist die Art und Weise, wie die „böse" rechtsradikale Polizistin den Genderjargon ironisiert. Die Botschaft: Wer sich auch nur über die Genderitis lustig macht, ist ein Rechtsradikaler. Das wären dann 80 Prozent der deutschen Bevölkerung. Hier haben wir es mit einem Opportunismus zu tun, der sich in der Bereitschaft offenbart, den Jargon eines bestimmten Politmilieus ohne Einschränkung zu übernehmen und dem Publikum zu oktroyieren. Zudem ziert die Polizistin, wie wir in der Umkleide sehen dürfen, eine riesige nationalsozialistoide Tätowierung. Dicker auftragen geht nicht. 

Die ideologische Voreingenommenheit der Drehbuchautoren Katja Wenzel und Stefan Kolditz und der Produktion (Regie: Robert Thalheim) bringt das ganze Projekt mit seiner Schwarz-Weiß-Malerei zum Floppen. Das schauspielerische und dramaturgische Scheitern des Films und sein Missbrauch zur ideologischen Indoktrinierung der Zuschauer bedingen sich gegenseitig. Die Empörung über derlei primitive, ebenso absichtsvolle wie durchschaubare, Verfälschungen der Wirklichkeit in Deutschland dürfte rechten Parteien und Verbänden neue Anhänger in Scharen zutreiben. Die skandalöse, verantwortungslose Doppelfolge ist Ausdruck medialer Verwahrlosung.

Mindestens drei Darsteller der neuen Tatort-Doppelfolge artikulieren nicht auf schauspielerischem, ja nicht einmal auf normalem Gesprächsniveau:

1.) Die Darstellerin der Ermittlerin Susanne Bonard, Corinna Harfouch, spricht das „sch" in der Nähe des „f" aus; dies kann man als Sprachfehler bezeichnen, der im Selbststudium mit einem Manual für Schauspieler wie dem „Kleinen Hey" zu beseitigen ist oder durch ein paar Stunden Sprechunterricht.

2.) Die Darstellerin der „bösen" blonden Polizistin spricht das geschlossene „e" als offenes aus, Richtung „ä"; also tendenziell: „Wärt der Ähre" statt „Wert der Ehre" usw. Dieses Problem hören wir in den letzten Jahren zunehmend bei öffentlich-rechtlichen Stimmen in Funk und Fernsehen, bis hin zu einer karikaturhaften Überdehnung des „Ä" bei Korrespondenten wie Maike Albath, wo das Sprechen ins Quaken übergeht. Wie auch der zunehmende Infantilismus in diesen Medien, etwa das Babytalk  des DLF-Kultur-Moderators Christian Rabhansl, der eine politische Buchsendung im Sprachgestus eines Sechsjährigen moderiert, zeigt die sprachliche Infantilisierung der öffentlich-rechtlichen Medien nichts als die Außenseite ihrer inneren Komplexitätsreduktion.

3.) Ein weiterer Darsteller eines Vorgesetzten sitzend im Büro hat ein eklatantes „sch"-Problem, das allein logopädisch behandelt werden könnte. Wegen des Gemupfels der drei Darsteller habe ich Programmbeschwerde bei der ARD eingelegt. Es ist schwerlich vorstellbar, wie Schauspieler einer öffentlich-rechtlichen Filmproduktion in einem unserer Nachbarländer, sei es auf BBC 1, France 2, RAI usw., die Sprache ihres Landes dermaßen wurschtig herausrotzen, wie dies hier mit nachgerade kokett-triumphaler Geste zelebriert wird.

Stephan Reimertz, Jahrgang 1962, wurde als Sprecher ausgebildet und war einige Jahre Rundfunksprecher und Moderator. Er ist Hörbuchsprecher und Filmkritiker, schrieb u. a. eine vielfach neuaufgelegte Monographie über Woody Allen.

Foto: Martin Kraft CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Werner Arning / 16.04.2023

Der Tatort ist für die Verbreitung bestimmter Narrative fast so wichtig wie „heute“ oder die Tagesschau. Natürlich wimmelt es nur so von Nazis. Natürlich sind Reiche böse (außer sie heißen Gates oder sind von der Waffen- oder Pharmaindustrie). Natürlich sind Menschen mit dunkler Hautfarbe grundsätzlich gut. Natürlich sind Deutsche, wenn sie nicht dem „linken“ Milieu angehören, doof. Natürlich sind Frauen besser als Männer. Und natürlich ist Krieg, jetzt wo Linksgrüne gerne Waffen verschicken, ein probates Mittel, um Frieden zu stiften. Natürlich sind deutsche Polizisten irgendwie nazi. Und das jeden Sonntag. Immer hinein in den Kopf des deutschen Fernsehkonsumenten. Bis es ihm aus allen Körperöffnungen wieder hinauskommt. Aber so macht man das mit dem tumben deutschen Michel.

Karin Krause / 16.04.2023

Wer schaut sich diesen Schwachsinn eigentlich noch an!! Einfach ausschalten…

Andreas Mertens / 16.04.2023

Schaue schon seit fast 3 Jahrzehnten keinen Tatort mehr und seit min. einem Jahrzehnt ist der GEZ-Propagandafunk für mich tabu. Einfach unerträglich was für einem perfiden Hirnfi** man dort ausgesetzt wird. Sorry, lieber beziehe ich eine Einzelzelle in Guantanamo-Bay als das ich mir dies jemals wieder antue. Wer sich freiwillig diesen sonstiges Sondremüll durch Auge und Ohr einführen lässt, der hat es nicht besser verdient. Das ist so wie im Rammsteinlied “Ich tu dir weh”. Wobei die Rolle des Opfers eindeutig beim GEZ-Zwangsvieh liegt. Wie lautet es da in der 1. Strophe :” Nur für mich bist du am Leben. ........ Du bist mir ganz und gar ergeben. Du liebst mich, denn ich lieb’ dich nicht. Du blutest für mein Seelenheil. ......  Egal, erlaubt ist, was gefällt.

Jens Hofmann / 16.04.2023

Wer sich das noch ansieht, hat die Kontrolle über sein Leben endgültig aufgegeben (frei nach einem bekannten Modeschöpfer).

Reinhard Schröter / 16.04.2023

Eine Kömödiantin ist auch nur eine Arbeitnehmerin, die ihre Arbeitskraft gegen Geld zur Verfügung stellt. Es geht ihr dabei nicht anders , als sagen wir mal einem Fliesenleger , der sich seine Arbeit nicht immer aussuchen kann. Man hat seine Miete zu zahlen und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und da ist man manchmal gezwungen, wie eine Kömödianitin auch, manchmal eben auch das zu machen, was einem nicht gefällt. Eine Schauspielerin zu sein, bedeutet nicht, einer besonders edelen Profession nach zugehen und schon gar nicht ein besonderer Mensch zu sein. Um beim Beispiel zu bleiben. Von einem Fliesenleger erwarte ich eine anständige Arbeit, von einer Schauspielerin auch. Mehr nicht. Den Unrat und Müll, den der Staatsfunk nicht müde wird , so grosszúgig in unsere Wohnzimmer zu verklappen, ist zwar gezwungen zu zahlen , allerdings noch nicht gezwungen zu sehen.  

Yon Bureitxa / 16.04.2023

Katja und Stefan haben diesmal ein total echt supergeiles Drehbuch geschrieben!  Also: wir gucken den Tatort immer als Ersatz für Dick und Doof. Manchmal wetten wir auch, wann der erste POC auftaucht. Der Sieger gewinnt dann ne Pulle Schwarzen Johannisbeersaft, logisch ohne Kohlensäure, wg. CO2 und in Recyclepappflasche. Echt jetzt? Ohne ARD wär´ die Welt nur noch halb so lustig wie sie jetzt grade ist. Freun uns schon auf Frau Reschke, nee, Moment mal, Frau Hayali? Genau. Die meinte ich. Jeden Tag slapstick.

Heiko Stadler / 16.04.2023

“Die böse blonden Polizistin spricht das geschlossene „e“ als offenes aus, Richtung „ä”. Das hat einen einfachen Grund: Es hört sich sächsisch an. Wie wir alle wissen, sind die Sachsen noch nicht in der Demokratie angekommen. Deshalb sind sie so böse und wählen auch am liebsten die AfD. In Krimis sind sie deshalb auch immer die Mörder. Das wichtigste Instrument der fortschrittlichen Kommisöse (weiblich, lesbisch oder divers) ist das Farbmeter. Das hält man einfach an die Haut des Verdächtigen. Je heller die Haut, desto größer der Mordverdacht. An zweiter Stelle kommt die Sprache. Klingt sie sächsisch, so ist das schon das zweite Indiz für den Mordverdacht. Wenn dann noch das tätowierte Hakenkreuz hinzukommt, dann gehts ab in den Knast.

Christoph Schrief / 16.04.2023

Der Bekenntnisdrang der „Nicht-Tatort-Kucker“ scheint ja schlimmer ausgeprägt zu sein als bei den Veganern. Ich fand die Doppelfolge sehr spannend und gut gespielt. Außerdem hat doch die „rechte“ Polizistin letztendlich für den Verfassungsschutz gearbeitet, wenn ich mich recht erinnere. Gerade die Ambivalenz der Figuren machten den Film sehenswert.

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