So unschuldig, wie hier dargestellt, ist Julian Assange nicht. Seine Veröffentlichung von Dokumenten hat Menschen ihr Leben gekostet. Es gibt eben einen Konflikt zwischen berechtigten Geheimhaltungsbedürfnissen von Regierungen, etwa in militärischen Konflikten und bei Geheimdienstoperationen, und der Pressefreiheit. Die Inhaftierung von Julian Assange war nicht unberechtigt.
Man kann sich nicht vorstellen, dass jemand, der über die Verbrechen der russischen Armee nur ein Hunderstel dessen schreibt, was Assange über die Verbrechen der amerikanischen geschrieben hat, je lebendig aus dem Gefängnis rauskommt. Nicht nur dieser, sondern jeder seiner Unterstützer und jeder, der mit einem Plakat “Free ...” auf der Straße erscheint, wäre in Russland schon längst im tausende Kilometer entfernten Arbeitslager.
“Gewonnen hat die US-Regierung unter Joe Biden, der heute gleich drei Geschenke bekam.” In meinen Augen haben sie alle verloren, es ist ein Ansehensverlust, der wohl nie wieder wett gemacht werden kann. Dieser Ansehensverlust trifft übrigens auch Schweden und Großbritannien gleichermaßen, haben sie sich doch zum Büttel des Unrechts machen lassen. Und Assange seinerseits wurde zum Symbol - eine kluge Politik wusste früher, warum man keine Märtyrer schafft. Die unrechtmäßige Behandlung eines freien Journalisten durch das US-Regime und seine Lakaien steht jetzt auf einer sehr langen Liste von Untaten, die ich den USA zurechne. China mag seine eigenen Bürger misshandeln, die USA die Bürger der gesamten Welt und zwar völlig willkürlich. Wie viele Millionen Menschen fielen den “gerechten Kriegen” der USA zum Opfer, die unter dem dünnen Deckmäntelchen wohl nicht viel anderes waren als Rohstoffkriege? Man höre Dr. Daniele Ganser zu all diesen Verbrechen. Assange ist ein berühmtes Opfer der USA, es gibt aber unzählige andere, die - so sie überlebt haben - heute in destabilisierten Staaten leben, in denen das Faustrecht herrscht oder noch eher das Waffenrecht. Die Politik der USA ist so menschenfeindlich wie eigennützig und längst betrifft die Haltung dort auch die eigene Bevölkerung. Wer hat unsere Politik gelehrt, in der Weise mit uns umzugehen, wie wir es seit Merkel in Deutschland erlebt haben? Wer hat sie gelehrt, Menschen und ihr Wohlbefinden für verzichtbar zu halten zugunsten eigener Ziele, die man allen zum Ideal erklärt, für die sie sich aufopfern sollen? Wohlgemerkt die anderen, ich sehe kein Opfer der Tätergruppe, der polit-medialen Klasse unter den Märtyrern. Dazu machen sie einfach die anderen. Das humanistische Menschenbild stellt den Mensch in den Mittelpunkt und der Mensch braucht ein friedliches und sicheres Leben, um etwas aufbauen und gestalten zu können für sich und für andere. Die Regierungen dieser Zeit treten auf wie Räuber dieses guten Lebens.
Seit dem fall Assange gibt es in der westlichen Qualitätspresse,keine Sauereien US amerikanischen “Verfehlungen"mehr. Ob Foltergefängnisse in Abu Gharib,in Guantanamo,in der Ukraine und weltweit… All das hat auf “demokratische"Weise aufgehört zu existieren. Jetzt darf sich der Weltwächter für Demokratie wieder als Sinnbild für Demokratie/Demokratie und Freiheit präsentieren…
Es geschah am hellichten Tage: Jahrelange Freiheitsberaubung, Missbrauch der Justiz, Erpressung eines Geständnisses. Und die Welt hat es gesehen. Damit haben weder Biden noch sonstwer in den USA oder dem UK gewonnen.
Es ist gut, richtig und wichtig, daß Herr Assange endlich wieder auf freiem Fuß ist. Man kann sich nur wünschen und hoffen, daß er nicht ein völlig gebrochener Mann ist. Es ging in dieser ganzen Affaire doch nur darum, wirklich recherchierende Personen und der Wahrheit verpflichtete Journalisten mundtot zu machen. Dafür sind sich auch die “Rechtsstaaten” nicht zu schade. Deutschland ist übrigens ein Beispiel dafür. Da werden die Menschen, die die Wahrheit sagen und propagieren auch diffamiert/verleumdet/herabgewürdigt und sogar angeklagt und verurteilt. Allerdings war Herr Assange ein ganz spezieller Fall. Menschenrechte und Würde zählten da nicht. Wie dieser Fall gehandhabt wurde, war einer Diktatur würdig, aber nicht demokratischen Rechtsstaaten.
Bei aller Zustimmung zur Hauptsache möchte ich einwenden, dass die Trump-Administration den Fall Assange keineswegs ” verpennt, ignoriert oder unterschätzt ” hat . Assange wurde während der Trump-Administration aus der ecuadorianischen Botschaft gezerrt, wozu Washington im Hintergrund sicher die Fäden gezogen hat. Auch wenn die Meinungen der amerikanischen Konservativen zum Deal der Freilassung gemischt sind, Mike Pence nennt die Freilassung eine miscarriage-of-justice. In der US-Elite dominiert der grundsätzliche Rechtsanspruch, dass amerikanisches Recht nicht nur auf amerikanische Bürger, oder für Taten auf amerikanischem Boden gültig ist - der nicht immer benevolente Hegemon.
Das sehe ich anders. Gewonnen hat nicht nur die US-Regierung unter Joe Biden. Lediglich hat der Westen gezeigt, dass es sich leisten kann, seine innenpolitischen Feinde besser zu behandeln als die Kommunisten im Osten. Gewonnen hat auch Russland, das damals bei uns die Linken, Rechten und Libertären mit der jeweiligen Propaganda ausstattete und das heute Assanges Freikommen ebenso ausschlachten wird. Es ist klar, dass sich seinerzeit Russland bereits einmischte hinter den Kulissen und die Vermutung erhärtet sich, dass Moskau Interesse daran hatte, aus Wikileaks eine Sensation zu machen. Wikileaks weigerte sich, interessante Daten über Russland zu veröffentlichen und Assange bekam eine eigene Sendung auf Russia Today.
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