Kommt jetzt die Wende nach der Wende?

Dass die deutsche Politik seit vielen Jahren nicht imstande ist, die Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik auf realistische und im Wortsinn nachhaltige Füße zu stellen, hat auch mit der Verfassung unserer Medien zu tun. Sie agieren wie eine Gouvernante, die über den moralischen Kompass der Republik wacht.

Im Zentrum von Heidelberg sticht ein außer Rand und Band geratener rechtsradikaler Reichsbürger auf eine grüne Bundestagskandidatin ein, die blutüberströmt liegen bleibt. Mehrere Passanten, die helfen wollen, und ein Polizeibeamter, der sofort eingreift, werden schwer verletzt. Der Täter wird angeschossen und festgenommen, der Polizeibeamte stirbt im Krankenhaus.

Wie würde die „taz“ wohl über einen solchen Vorfall berichten? Selbstverständlich mit einem großen Aufmacher-Artikel und Berichten von Augenzeugen. Dazu ein Kommentar unter der Überschrift „Jetzt geht die Saat auf“, in dem von der Verharmlosung des Rechtsextremismus und dem „strukturellen Wegschauen“ der politischen Klasse die Rede ist. Unzählige Texte folgen, die alle eine Frage stellen: Wie konnte es bloß soweit kommen?

Was aber, wenn der Täter ein abgelehnter afghanischer Asylbewerber ist und das Opfer ein „rechter“ Islam-Kritiker, wie es jüngst mitten in Mannheim geschah? Dann heißt es im Leitartikel der „taz“: „Rechte nutzen die Tat nun für ihre Zwecke. Es ist gut, dass Mannheimer Bürgerinnen und Bürger mit einer Mahnwache gegen Gewalt, Hass und Hetze dagegenhalten. Doch man muss sich auch fragen, warum ein Extremist wie der angegriffene Michael Stürzenberger seit Jahren auf Marktplätzen der Republik seine Hasspropaganda gegen Muslime verbreiten darf.“

Auf den Kontext kommt es an

Mit dieser ideologisch motivierten Realitätsverweigerung, die gleich wieder auf die einzig zulässige Interpretationstraße „gegen rechts“ führt, ist die „taz“ nicht allein in der deutschen Medienlandschaft. Auch „Spiegel“, „Süddeutsche“ und „Zeit“, die letzten Leitmedien der alten Bundesrepublik, gewichten ihre Berichterstattung gemäß ihren politischen Vorlieben. Unliebsame, politisch unangenehme, schmerzhafte und dem safe space der eigenen seelischen Befindlichkeit unzuträgliche Vorkommnisse werden beschwiegen, runtergedimmt, relativiert, in den richtigen „Kontext“ gestellt und jedenfalls nicht an die große Glocke gehängt.

Während zuletzt das idiotische „Ausländer raus“-Gebrüll einer betrunkenen Kleinhorde auf Sylt für tagelangen Aufruhr sorgte, der selbst den Bundespräsidenten und den Kanzlerdarsteller Olaf Scholz zu einer flammenden Stellungnahme von oberster Stelle zwang, wird die Zahl der zunehmenden Gruppenvergewaltigungen durch mehrheitlich nicht-deutsche Tatverdächtige so lange gedreht und gewendet, bis sie wie von selbst auf ein handliches Format schrumpft, mit dem man leben kann. Eine Berliner Rechtsprofessorin äußerte in der „Abendschau“ des rbb, nicht jede Vergewaltigung entspreche ja „unserer Horrorvorstellung“. Oft halb so schlimm also. Jeder Mann wäre dafür von der „Netzgemeinde“ geteert und gefedert worden.

Im Reich der Gouvernanten

Dass die deutsche Politik seit vielen Jahren nicht imstande ist, die Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik auf realistische und im Wortsinn nachhaltige Füße zu stellen, hat auch mit der Verfassung unserer Medien zu tun. Sie haben die Funktion einer großen Gouvernante übernommen, die wie ein riesiges, schier unüberwindliches Über-Ich im Freudschen Sinne über den moralischen Kompass der Republik wacht und jede vermeintliche Abweichung mit einem Verdikt belegt, das die Diskussion schlagartig beenden soll. So wird das Wichtigste in einer freiheitlichen Demokratie sabotiert: die offene, ja, auch schmerzhafte Diskussion über drängende Probleme.

Eine Grundsatzfrage fasst indes niemand an: Was bedeutet es eigentlich für unser Land, wenn Jahr für Jahr hunderttausende Menschen aus aller Welt, mehrheitlich Muslime aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und afrikanischen Staaten, zu uns kommen, die mit Geschichte, Kultur, Sprache, Tradition und Lebensweise in Deutschland so gut wie nichts verbindet? Was heißt das für die Identität und das Selbstverständnis des Landes, für die Zukunft seiner säkularen, liberal-demokratischen, ja eben weltoffenen Ordnung? Die antisemitischen Eruptionen in migrantischen Communities lassen da einiges befürchten. „Kindermörder Scholz!“ riefen palästinensische Fanatiker unlängst dem Kanzler zu.

Rassismus, wo man hinschaut

Das ultimative Passepartout-Wort für jedes „toxische“ Ereignis, für jedes „falsche“ Wort, für jeden unpassenden Gedanken ist der schier allgegenwärtige Vorwurf des „Rassismus“, der die gesamte Gesellschaft angeblich durchzieht wie ein immerwährendes Gift. Dicht dahinter folgen die Attribute „unmenschlich“, „inhuman“ und „schändlich“, mit denen alles gesagt sein soll. Selbst die Abschiebung von längst durch alle Instanzen hindurch als rechtmäßig verfügten „Ausreisepflichtigen“ gilt als skandalöse „Deportation“, die an dunkelste Nazi-Zeiten erinnert.

Friedrich Merzens Wort von den „kleinen Paschas“, angesichts vieler Zustände an Schulen eigentlich eine verharmlosende Umschreibung machohafter, teils gewalttätiger Verhaltensweisen muslimisch-türkisch-arabischer Jugendlicher, wird ihm bis heute als „rassistische Entgleisung“ nachgetragen.

Die Gewohnheit nachzufragen, ist einem Journalismus weithin abhandengekommen, der alles schon zu wissen scheint und einen Hang zu erzieherischem Wirken hat. Der nüchtern kritische Blick hat einer voreingenommenen Berichterstattung Platz gemacht, deren wichtigste Ingredienzien Moralisierung und Emotionalisierung sind.

Doch es handelt sich eben nicht um offen vorgetragene politische Auffassungen, denen man ebenso offen widersprechen könnte – so wie damals, als der „rote“ Klaus Bednarz in der ARD mit dem schwarzen „Kommunistenfresser“ Gerhard Löwenthal im ZDF wetteiferte. Obwohl der Mehrzahl der Journalisten heute rot-grüne Sympathien nachgesagt werden, treten sie keineswegs als Meinungskämpfer in eigener Sache auf, sondern als scheinbar neutrale Beobachter des Zeitgeschehens.

Naht das Ende des grünen Zeitgeistes? 

Wer überhaupt noch regelmäßig das öffentlich-rechtliche Fernsehen konsumiert, hat immer öfter das Gefühl einer Gleichförmigkeit, deren ungeschriebenes Motto an eine Äußerung des früheren Bundesinnenministers Thomas de Maizière erinnert, als es um den politischen Hintergrund eines befürchteten Terroranschlags ging: „Ein Teil dieser Antwort würde die Bevölkerung verunsichern.“

Ironie der Geschichte: Genau diese Strategie des Verschweigens und Herunterdimmens, das tägliche Programm von Beschönigung und Relativierung von Tatsachen und Zuständen, sorgt erst recht für jene Verunsicherung, die sich nicht zuletzt in Stimmen für die AfD und neuerdings auch für das Bündnis Sahra Wagenknecht niederschlägt.

Wer daran wirklich etwas ändern will, sollte endlich die offene Debatte zulassen, jene Vielfalt der Meinungen, die in Sonntagsreden zwischen zwei Buchsbäumen als „demokratischer Streit“ gefeiert wird. Womöglich liefert das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament einen neuen Anstoß. Das Desaster der Ampel-Parteien SPD und Grüne könnte eine neue „Zeitenwende“ markieren – das Ende des grünen Zeitgeists, das Ende der systematischen Realitätsverleugnung.

Zuerst erschienen in der Preussischen Allgemeinen Zeitung für Deutschland

 

Reinhard Mohr, geb. 1955, schrieb als Journalist u.a. für den Pflasterstrand, die taz, die FAZ, Die Welt und den stern. Von 1996 bis 2004 war er Kulturredakteur beim Spiegel.

Foto: Montage achgut.com

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Niko Akathari / 23.06.2024

Es geht nicht nur um die Realitätsverweigerung. Viel umfassender ist der Umstand, dass allgegenwärtige Propaganda die bewährte Diskurskultur abgelöst hat. Es ist sehr viel Porzellan zerschlagen worden.

Rainer Niersberger / 23.06.2024

Nein. Sie kommt nicht. Wie und durch wen sollte sie kommen und wie sollte diese Wende aussehen? Solange Alles mit der AfD begruendet wird und nicht mit der sachlichen Notwendigkeit, ist erkennbar, dass das Problem nicht begriffen oder verdrängt wird.  Erst dann, wenn ” rechts” mindestens so normal wird wie ” links”, eine demokratische Selbstverständlichkeit, und ein rechtes Regime genauso moeglich waere wie ein linkes, waere eine Wende moeglich.  Eine Utopie in Sch’land. Dieses Land resp diese Gesellschaft ist und bleibt ein Therapiefall, was die Aufhebung der Konditionierung gegen ” rechts” betrifft. Dass weder der Hegemon, noch unsere zahlreichen ” Freunde” daran ein Interesse haben, liegt auf der Hand. Argumente und Fakten ” helfen” bei Neurosen oder psychischen Stoerungen nicht. Diese Volk ist nur eingeschränkt ” normal”, jedenfalls im Westen, und damit kaum demokratiefaehig. Es wird, quasi traumatisiert, keinen Widerstand leisten, auch wenn ihm das Fell über die Ohren gezogen wird. Das zu verstehen, waere ein erster Schritt.

A. Smentek / 23.06.2024

@gerhard giesemann: Das haben Sie sehr schön zusammengefasst und ausgedrückt. Genau so, wie sie es beschreiben, sehen uns radikale Moslems, und genau so sollten wir sie sehen und mit ihnen umgehen. Der Islam gehört nicht zu Deutschland, allenfalls Moslems, die es mit ihrer Religion/Ideologie nicht so genau nehmen und bereit sind, einen demokratischen Staat zu unterstützen und seine Bürger zu achten. Wie viele oder wenige es davon gibt, weiß ich nicht. Ich bin aber nicht allzu optimistisch. Wann sie es hier endlich begreifen, weiß ich leider auch nicht. Ich warte schon sehr lange darauf, aber das scheint ein Prozess zu sein, der sich im Tempo einer todkranken Schnecke bewegt.

Wilfried Cremer / 23.06.2024

hi, jetzt sind sie nun mal da und brauchen einen großen maskulinen Exorzismus, wie die Grünen einen kleinen femininen.

A. Smentek / 23.06.2024

“... das Ende des grünen Zeitgeists, das Ende der systematischen Realitätsverleugnung ...”?—- Solange die CDU noch von ca. 30% der Wähler favorisiert wird, wird es kein Ende des grünen Zeitgeists geben. Im Gegenteil: Die CDU ist nicht weniger grün als die Grünen, wie gerade Mr. BlackRock Merz beweist, der Habecks “Heizungshammer” im Falle einer Regierungsübernahme der CDU rückgängig machen wollte und nun plötzlich von Wärmepumpen schwärmt. Ich mag hier nicht spekulieren, wer oder was ihn da um 180° gedreht hat… Dasselbe wird in puncto Migrationspolitik passieren: Heute wird von “Abschieben” geredet, nach der Wahl weiß niemand mehr irgendetwas davon. Man darf NICHT VERGESSEN: Die Merkel CDU hat uns sowohl die “Energiewende” als auch den Migrations-Horror eingebrockt. Und die Merzel-CDU hat sich bis heute nicht von Merkel und ihrer Politik distanziert. Nein mit einem CDU-Kanzler wird sich nichts ändern.—- WER DIE C D U WÄHLT, WÄHLT G R Ü N !!!

S. Wietzke / 23.06.2024

“Wer überhaupt noch regelmäßig das öffentlich-rechtliche Fernsehen konsumiert, hat immer öfter das Gefühl ...” Wer regelmäßig das öffentlich-rechtliche Fernsehen konsumiert hat überhaupt kein Gefühl da seit langem Hirntod.

Bernd Büter / 23.06.2024

Herr Szabo, Sie irren. „Da steht der Feind, der sein Gift in die Wunden eines Volkes träufelt. – Da steht der Feind – und darüber ist kein Zweifel: dieser Feind steht rechts!“ – Joseph Wirth: Der Reichskanzler anläßlich der Ermordung des Reichsaußenministers Walther Rathenau. Rede im Deutschen Reichstag, 25. Juni 1922[5]

Karl Emagne / 23.06.2024

Letztens fand ich ein Berlin ein Flugi zur Offenhaltung des Görlitzer Parks. Aus der gleichen linksextremen Ecke, die sich für unbegrenzte Zuwanderung eben jener Migranten einsetzt, deren Anwesenheit nun Stadtparks unsicher macht. Es ist aus dieser Weltsicht Rassismus, überhaupt Sicherheitsbedenken zu äußern und nun, nachdem diese sich bewahrheiten, noch schlimmerer Rassismus, der verschlechterten öffentlichen Sicherheit etwas entgegenzusetzen. Von der Wegner-CDU ist die geplante nächtliche Sperrung des Görlis wohl auch als erzieherische Maßnahme für die linksradikalsten Berliner Bezirke gedacht. Ein geschickter Schachzug! Nun kann sich Linksgrün an der CDU abarbeiten, obwohl diese die Zahl ausländischer Straftäter durch schnelle Einbürgerung statt konsequenter Abschiebung zu verringert. Es ist eben nicht nur die Presse, die uns Bürger veralbert.

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